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das leipziger lifestyle magazin. ein hoch auf die kreativen dieser stadt!

the summer we had it was great. postcard is losing its shape. dust in the air. someone just stopped at the shore.

[Anzeige.] Der Sommer ist fast vorbei. Viel zu schnell ist er an uns vorbeigezogen und hinterließ in den Septembertagen wehmütige Gedanken zu den warmen Nächten und fröhlichen Seeausflügen. Dieser Sommer sollte uns mit dem Rest des Jahres versöhnen und uns zu allem einladen, was wir in den vergangenen Monaten verpassten. Also nutzen wir die Zeit, die noch von diesem Spätsommer bleibt und begeben uns auf eine kleine Reise zum Saalekreis. Bereits vor zwei Jahren entführte mich der Saale-Unstrut-Tourismus e.V. zu einem Kennenlernen der mitteldeutschen Weinregion – doch bei diesem Mal standen nicht die Weinberge, prunkvollen Residenzen und Welterbestätte im Mittelpunkt, sondern die Handmacher*innen, die mit ihren kreativen und innovativen Produkten die Region prägen. Denn bis heute werden in Saale-Unstrut besondere Produkte aus dem traditionellen Handwerk, der Landwirtschaft und dem verarbeitenden Gewerbe hergestellt, die für Wertarbeit, Sorgfalt und Leidenschaft stehen. In nicht einmal einer Stunde erreichen wir von Leipzig aus das nördlichste Qualitätsweinanbaugebiet Deutschlands und treffen dort auf die Handmacher*innen aus dem Netzwerk von handgemacht Saale.Unstrut.

Das Wetter könnte an diesem Morgen nicht besser sein. Bereits am Morgen wärmt die Sonne unsere Gesichter, während wir auf dem Weg nach Querfurt sind. Katharina ist an meiner Seite und hat den perfekten Tag für uns zusammengestellt, um die Region mit allen Sinnen wahrzunehmen. Wir passieren auf unserem Weg das kleine Städtchen Nebra und müssen beide grinsen. Dank des Podcasts „Fest & Flauschig“ hat die Himmelsscheibe von Nebra noch mehr Ruhm und Aktualität verliehen bekommen. Doch unser Weg führt uns weiter nach Zingst – nein, nicht das Örtchen an der Ostsee. Nach einer kleinen, holprigen Safari landen wir auf die Weide der flauschigen „Sonnenschein Alpakas“ von Stefanie Röll. Die Luft ist noch frisch, das Gras nass vom Tau und die kuscheligen Vierbeiner stehen bereits am Zaun, um uns zu beobachten. Stefanie hat sich vor einigen Jahren unsterblich in Alpakas und Lamas verliebt und sich seither ihnen verschrieben. Nun ist sie Chefin über eine ganze Herde und möchte den Besucher*innen zeigen und sie erfahren lassen, was der Umgang mit Alpakas alles bewirken kann. Die Ruhe und Gelassenheit der Tiere wirkt sich auch direkt auf uns aus. Wir beobachten ihre langen Wimpern, das lockige Fell, ihre unterschiedliche Fellfärbung und ihren Genuss in der Morgensonne zu liegen. Meine anfänglichen Bedenken von gestressten Tieren, die an Leinen durch die Gegend gezogen werden, verfliegen schnell als uns Stefanie von ihrem liebevollen Umgang mit den Tieren erzählt. Die „Sonnenschein Alpakas“ werden nicht nur ganz individuell für die Gäste zu den Touren ausgesucht, sondern kommen auch bei tiergestützten Interventionen, sprich Therapien und Pädagogik, zum Einsatz. „Alpakas vermitteln duch direkten Blickkontakt und ihr weiches Fell Geborgenheit, Vertrauen, Selbstwertgefühl, Mut und Wahrnehmung des eigenen Körpergefühls. Sie dominieren den Menschen nicht, sondern sind prägend durch ihr neugieriges und aufgeschlossenes Verhalten. Da Alpakas sehr sensibel und feinfühlig sind, kann nur jemand einem Alpaka nahe kommen, der sich selbst in seiner Mitte befindet“, erklärt uns Stefanie den unschätzbaren Wert ihrer Tiere. So können die Begegnungen mit einem Alpaka zum Beispiel bei Depressionen, Burnout-Syndrom, Angststörungen usw. eingesetzt werden. Mit einem letzten Flausch und herzhaften Lachen verabschieden wir uns. „Können wir nicht vielleicht doch eins mitnehmen?“, denke ich mir und blicke Benito noch eine Weile nach.

Nur wenige Minuten später empfängt uns Familie Müller auf ihrem Obsthof in Querfurt. Wir kommen anscheinend genau richtig, denn die Apfelernte ist im vollen Gange. „Obst ist unsere ganze Leidenschaft. Weil wir Äpfel, Kirschen und Aprikosen am liebsten essen, haben wir uns darauf in unserem kleinen Familienunternehmen mit vier Generationen und einem hoch motivierten Team spezialisiert. Unter 17 Apfelsorten, sechs Aprikosen- und 14 Kirschsorten ist für jeden der passende Geschmack dabei“, erzählt uns Alexander Müller bevor er im nächsten Gang der Plantage verschwindet. Das Obst vom „Obsthof Müller“ wird nach den Richtlinien des kontrolliert-integrierten Anbaus produziert. Das heißt beispielsweise eine bedarfsgerechte Düngung nach Bodenanalysen, geringstmöglicher Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, nützlingsschonend z.B. für Marienkäfer. Selbstverständlich gehört eine standortgerechte Sortenwahl dazu. Im September ist Saison für Braeburn, Elstar, Gala, Jonagold, Pirella und noch viele weitere Apfelsorten. Daher arbeitet der gesamte Hof auf Hochtouren. Mit einem beherzten Schwung aus der Gießkanne befreien wir unsere Schuhe vom Gras und ziehen weiter zum Hofladen des Obsthofes, der neben dem fruchtigen hauseigenen Angeboten auch allerhand andere regionale Produkte bereithält. Kathi berichtet schwärmend vom berühmten Aprikosen- und Kirschlikör. In die Flasche kommt nur handgelesenes, vollreifes Obst – wenn möglich direkt aus der Region. Doch für Schnaps ist es – noch – zu früh. Mit einem vollgepackten Beutel, frischen Himbeeren und Apfelsaftschorle in der Hand wartet das nächste Ziel bereits auf uns. Für ein gutes Picknick fehlen doch eigentlich nur noch Brötchen und süße Teilchen oder?

 

Trotz Feierabend um 11 Uhr empfängt uns Helge Sommerwerk in seiner Backstube und gibt uns eine ausführliche Tour durch die inhabergeführte Bäckerei. Seit 1890 steht die Familie Sommerwerk in der Backstube. Helge selbst, geht in der vierten Generation mit Leib und Seele dem Bäckerhandwerk nach. Obwohl er Tradition schätzt und viel Wert auf Regionalität und Bewährtes legt, schaut er auch gerne nach Innovationen und alternativen Rohstoffen. So arbeitet er zum Beispiel mit der Fachhochschule Merseburg daran, den gesunden und nachhaltigen Hanf wieder vermehrt zu verwerten und in der Region sogar zu kultivieren. Außerdem arbeitet er aktuell daran einen perfekten, veganen Stollen für die Weihnachtszeit vorzubereiten. In der mehrfach ausgezeichneten Bäckerei Sommerwerk landen keine Fertigprodukte in der Auslage. Jedes Brötchen, Brot, Teilchen, Kuchenblech und jede Torte wird in echter Handarbeit zubereitet. Während uns Helge von seinem Arbeitsalltag berichtet, duften im Hintergrund frisch geschnittene Äpfel mit Zimthäubchen. Sowieso riecht es überall herrlich nach frisch gebackenen Genüssen. Ob er das selbst noch wahrnimmt, frage ich ihn und er lächelt. „Ja, manchmal riecht man die frischen Brötchen schon von um die Ecke!“ Das Team von Helge steht jede Nacht in der Backstube und fertigt die Backwaren für den kommenden Tag. „Am liebsten wird noch immer das Roggenmischbrot gekauft“, lacht er und zeigt uns den hauseigenen Natursauer. Das Einzige, was ihm zu seinem Glück noch fehlt, sind interessierte Azubis, denen er all sein Wissen weitergeben kann. Wir werden es weitererzählen, versprechen wir ihm und schicken ihn endlich in den wohlverdienten Feierabend. Mit einem Säckchen frischer Brötchen und süßen Hörnchen im Gepäck, die mich an den Bäcker auf dem Heimweg nach der Schule erinnern, kommen wir unserem Ziel näher.

Nur knapp 40 Kilometer ist der Geiseltalsee von unserer Haustür entfernt – er gilt als der größte, künstlich geschaffene See Deutschlands. Obwohl der seit 2003 geflutete Bergbausee die komplette Freizeit- und Spaßpalette vom Wandern, Skaten, Radfahren bis zum Hausboot-Verleih bietet, höre ich erst zum zweiten Mal vom Geiseltalsee. Gut, dass wir das ändern! Bevor wir uns den See von oben ansehen, nutzen wir die Mittagssonne und schippern mit den Badeflößen von Ostboote raus aufs Wasser. Während ich zum ersten Mal selbst am Steuer eines Floßes stehe, tischt Kathi unser echtes Saale-Unstrut-Picknick auf – natürlich sind die Handmacher*innen, die wir schon kennengelernt haben mit dabei. Wir stellen den Motor aus, lassen uns auf dem Floß treiben und halten die Nase in die Sonne. Wir ägern uns, dass wir keine Badesachen mitgenommen haben, denn mit unserem Floß würden wir direkt die besten Badeplätze am See erreichen oder könnten direkt mit einem Köpper vom Boot hüpfen. Neben Kathis selbstgemachten Falafel entdecke ich bei unserem köstlichen Picknick die Brötchen von der Bäckerei Sommerwerk, Fruchtaufstriche, Äpfel und Limonade vom Obsthof Müller, Eier von MaMa’s Unstruttaler, Eierbecher aus Walnussholz aus Steffen Schmidts Holzwerkstatt, Chutney vom Hof Göbitz und noch mehr Leckereien aus dem Hofladen von Familie Müller. Ziemlich schön oder? Gut gestärkt und mit Wind in den Haaren bringt uns Kapitänin Kathi mit „Ikarus“ sicher an den Hafen in Braunsbedra zurück. Das letzte große Abenteuer steht uns noch bevor!

Vom Wasser direkt in den Sattel! Bei unserer Ankunft stehen bereits zwei Bikes vom örtlichen Fahrradverleih „Bikes Fun Holiday“ bereit, die nur darauf warten mit uns um den See zu fahren. Knapp 25 km und zwei Anstiege stehen uns bevor – einer davon hat es echt in sich! In weiser Voraussicht dessen entscheiden wir uns für ein Fahrrad mit E-Antrieb und düsen nach kurzer Einweisung über die asphaltierte Strecke Richtung Mücheln und weiter nach Stöbnitz. Kurz vor Bad Lauchstädt treten wir nochmal ordentlich in die Pedale und werden mit einer wunderbaren Aussicht über den glitzernden Geiseltalsee und einem kühlen Weißwein belohnt. Am Geiseltalsee entstand etwas durchaus Einzigartiges, lasse ich mir erzählen. Denn Familie Reifert aus Freyburg sind echte Pioniere, die es mit diesem Rekultivierungsprojekt schafften, aus einem ehemaligen Braunkohletagebaus einen Qualitätsweinberg zu erschaffen. Die südliche Ausrichtung, die 30% Steigung und die Spiegelung des Sees sind nicht nur Qualitätsmerkmale, sondern stehen auch für eine ideale Weinlage, die im vergangenen Jahr als „Schönste Weinsicht 2020“ prämiert wurde. Den Weinausschank am Weinberg “Goldener Steiger” sollte also jede Tour um den Geiseltalsee beinhalten – wichtig: Von November bis März bleibt die Straußwirtschaft geschlossen.

Während wir den Blick über den See schweifen lassen und den kühlen Wein genießen, bekommen wir Besuch von Christian Hodel, der sich schwer bepackt mit zwei Kisten im Arm als der „Liederstädter„-Likörfluencer vorstellt. Ich ahne, was uns gleich bevorsteht und nehme einen letzten großen Schluck Wasser. Grinsend packt Christian nach und nach eine neue Likörflasche auf den Tisch und erzählt von seiner Leidenschaft für das Herstellen von Likören. Dabei hält er sich nicht an verstaubte Konventionen, sondern probiert immer wieder neue Kombinationen aus, auf die er Lust hat. Sein Garten dient ihm oft als Inspiration für neue Sorten. Alle süffigen Liköre werden in traditioneller Handarbeit hergestellt und in wenigen hundert Flaschen abgefüllt. Schon mal Colakraut-Kirsch, Douglasie, Holunder-Löwenzahn oder flüssiges Lakritz probiert? Spätestens nach diesem Nachmittag haben wir an allen genippt oder gerochen. Mein Favorit bleibt die regionaltypische Spezialität „Bad Kösener Kurschatten“ und der Rotling – ein regionaler Weinlikör. Der große Schwipps bleibt aus, so dass wir uns nach einer Weile wieder aufs Rad schwingen können. Die letzten Kilometer verfliegen nur so und wir spüren die kühle Abendluft. Trotz der sommerlichen 26°C tagsüber, ist der Herbst deutlich zu spüren. Vielleicht haben wir auch das erste Laub an den Blättern entdeckt und die neue Jahreszeit gerochen – aber mehr hätten wir an diesem letzten, heißen Sommertag nicht erleben können. Unsere Gesichter strahlen – vielleicht glühen sie auch wenig von der Mittagssonne. Saale-Unstrut, du bist immer eine Reise wert – und so nah!

[Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit Saale-Unstrut Tourismus e.V. und handgemacht Saale.Unstrut erschienen.]

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