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Manchmal bestimmen kleine Zufälle über den nächsten Schritt und Autopannen über neue spannende Projekte. Ungefähr so trafen Anke Schleper und Daniel Niggemann aufeinander. „Unser abgebranntes Auto war eigentlich die Ursache dafür, dass ich Daniel kennengelernt habe“, lacht Anke heute. Die Fahrt nach Berlin endet diesmal Adrenalin geladen auf dem Kolonnadenstraßenfest. Biertrinkender Weise setzte sich Anke neben Daniel und verabschiedete sich nach der Begegnung mit einem neuen Job für das zehntägige Leipziger Fotografie Festival „f/stop„. Sie ist sich bis heute sicher, dass sie ohne die Autopanne niemals so zueinander gefunden hätten. Aber eine Hand schüttelt die andere. Während Daniel einen Neuzugang für die Festivalorganisation gewinnen kann, verpflichtet sie ihn für die gemeinsame Idee eines Buchladens. Bis es tatsächlich soweit ist, studierte Anke Philosophie, arbeitete als Projektleiterin in den Kunstwerken Berlins und lektoriert für den Berliner Merve Verlag. Daniel ist passionierter Büchersammler, studierte an der HGB und organisiert seit 2017 das f/stop Festival. Dass er selbst einmal Buchhändler wird, hatte er so auch nicht geplant. Anke hingegen wusste, dass ihr Weg zum Buch irgendwann zurückführt.

Rotorbooks

Seit knapp einem ganzen Monat öffnet die Rotorbooks-Buchhandlung auf der Kolonnadenstraße nun ihre Türen. Da, wo einst Schinken an schweren Haken hingen und die Deckenverzierung zum Berufsbild passte. Mit diesem Standort im Zentrum-West hat sich der noch frische und unabhängige Buchladen ein gemütliches Umfeld geschaffen. Schließlich tummeln sich in der schmalen Gasse mit den DDR-typischen Plattbauten und der alten Omi am Fenster zahlreiche kreative Köpfe. Der Kunstverein Leipzig, die Buchhandlung mzin mit internationalen und lokalen Magazinausgaben, das Goldhopfen, der Radladen „Sattelfest“, kleine Spätis, das Tunichtgut Café, die SCHWIZER, das Atelier Storelli und jetzt auch Rotorbooks prägen das Bild der Straße. Die Kolle ist hip und Gegensätze ziehen sich an, sagt man über das kleine Viertel. Wobei diese Betitelung mit Sicherheit auf noch weitere Straßenzüge zutrifft. An manchen Tagen bleibt es auch hier ganz schläfrig und ruhig. Alles mit der Ruhe. Aus dem ehemaligen russischen Feinkostgeschäft und der früheren Metzgerei ist seit Dezember 2018 ein schmucker Buchladen entstanden, der sich auf Theorien über zeitgenössische Philosophie und Kunst spezialisiert. Der Schwerpunkt soll auf Selfpublishing und Künstler-Publikationen liegen. Besondere Bücher, die langsam aus den Barsortimenten verschwinden und auch vom klassischen Buchhandel kaum noch vorgehalten, sollen hier wieder erblühen.

„Das Schönste an unserer Buchhandlung ist eigentlich, dass du plötzlich einen Beruf ausübst, in dem es Hauptbestandteil ist über Bücher zu sprechen. Das macht natürlich Spaß!“

Rotorbooks

Rotorbooks vereint aber nicht nur Wissenschafts-Theorie-Verlage, englische Titel und echte Raritäten, die von Messen und den Verlagen direkt bezogen werden, sondern auch das Verlagsbüro und komplette Sortiment des befreundeten Merve Verlags, der mit seinen Theoriebänden zu Philosophie, Politik und Kunstgeschichte zu den echten Insidern auf den Studientischen zählt. Gemeinsam teilen sie sich den Veranstaltungsraum, denn neben einer geplanten gemütlichen Sitzecke zum Lesen und der schon zischenden Kaffeemaschine vom Espresso Zack Zack, sollen in Zukunft auch monatliche Veranstaltungen und Ausstellungen stattfinden und zum literarischen Diskurs einladen. Darüber hinaus bleibt noch genügend Raum, um sich auszuprobieren wie mit kleinen Sektionen an Comics, Graphic Novels und dem Bücherwagen. Mit ihm sind ab Januar über Nacht Bestellungen sämtlicher Titel möglich. Rosamunde Pilcher steht deswegen nicht im Regal, kann aber bestellt und bei den Lokals von Rotorbooks abgeholt werden.

So bleibt alles inhaltlich trennscharf. Anke und Daniel schaffen sich mit ihren präsentierten Büchern, Magazinen und Tageszeitungen einen Ort, an dem sie selbst gern sind und verbringen häufig viel mehr Zeit als geplant im Laden. Beim Betreten des Raumes fragten die ersten Kunden schon: Buchhandlung oder Kunstraum? Eine berechtigte Frage. In meinen Augen überschneiden sich die liebevoll kuratierten Titel mit dem kommerziellen Hintergrund. Manche Exemplare werden vielleicht für immer in den Regalen stehen aber stärken den identitätsstiftenden Diskurs, während andere Titel sofort gegriffen werden. Genau an dieser Stelle setzt Rotorbooks aber an und versucht spezielle, avangardistische Titel für die Allgemeinheit nahbar zu machen. Nur die Klassiker fehlen noch im Regal. Aber kommt Zeit, kommt Nietzsche.

Was?
Rotorbooks – Buchhandlung & Merve Verlag
Wann?
Montag bis Samstag 10-19 Uhr
Wo?
Kolonnadenstraße 5-7, 04109 Leipzig
Warum?
Wegen zeitgenössischer und ansprechender Titel, die du so noch nie in den Händen gehalten hast. Der Titel „Rotorbooks“ hat zwei Hintergründe. Zum einen das Rotationsdruckverfahren, das seiner Zeit vom Rowohlt Verlag eingeführt wurde, um wissenschaftliche und kulturelle Titel als Taschenbücher günstig für eine breite Masse herzustellen. Zum anderen inspirierte der Künstler Ferdinand Kriwet mit seinem Roman „Rotor“ die jetzige Ästhetik und Haltung des Bücherladens. Ein spannendes Leipziger Projekt, das gesehen werden muss! Trink einen Cappuccino und stöber durch die Regale von Rotorbooks. Lass dich darauf ein!

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