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tell it to my heart. i can feel my body rock every time you call my name.

Es gibt doch nichts Schöneres als eine sinnstiftende Essenz in der eigenen Arbeit, denke ich mir, während ich der Leipziger Künstlerin Anne Kaden in ihrem Atelier gegenüber sitze und über die geschmolzenen Silberringe streiche. Das Mitte Januar neu entstandene Atelier auf der Georg-Schumann-Straße versprüht einen einladenden Charme, denn das Licht fällt weich durch die Schaufensterfront und landet auf den weißen, original erhaltenen Fliesen der ehemaligen Fleischerei. Nur zarte, grüne Zweige, unverputzte Wände und kleine Blöcke aus Porenbeton dienen der Dekoration, um ihren filigranen Schmuckwerken noch mehr Geltung zu verleihen. Ganz von allein lenken sie den Blick auf sich und ich verspüre den Drang, sie zu berühren, um jede einzelne Form der konkaven und konvexen Flächen genau zu ertasten. Anne lacht und legt mir noch weitere Ringe zum Erkunden auf den Holztisch. Die gebürtige Chemnitzerin hatte nie den Plan, Schmuckdesignerin zu werden, denn eigentlich ist sie gelernte Silberschmiedin. “Das Silberschmieden an sich ist ein ganz altes Handwerk und hat gar nichts mit Schmuck zu tun, sondern mit dem Anfertigen von Geräten, größeren Objekten und dem Modellieren von Metall. Dabei entstehen dann zum Beispiel Schalen, Becher und Bestecke”, erzählt sie. Zusätzlich zu dem erlernten Handwerk studierte sie Industriedesign an der Burg Giebichenstein in Halle. Während einer Projektarbeit experimentierte sie immer häufiger mit Metallen und schmolz diese “stupide auf verschiedensten Untergründen, um zu schauen, ob etwas passiert, was ich noch nicht kannte.” Es entstanden dabei ganz unterschiedliche Farbverläufe in den Ausgangsobjekten.

“Je nachdem, auf welche Untergründe ich das Metall goss, wurden die Flächen. Die Untergründe zeichneten sich auf dem Silber ab.”

So begann das Experiment des Silberschmelzens. Auf einer Reise nach Island begann Anne, diese Idee weiterzuentwickeln und versuchte, zum ersten Mal auch vor Ort Ringe in den Boden zu gießen – ein fast mystischer Gedanke, mitten in der vulkanischen Landschaft der Insel zu knien und die Umgebung mittels flüssigem Metall in dem Schmuckstück abzubilden. Dieser magische Moment beflügelte Anne auf ihrem Weg, das Experiment noch weiter voranzutreiben. Am Anfang entstanden lediglich knubbelige Gebilde und Flecken – nur aus Zufall bildeten sich runde Formen, die sie anschließend in ein festes Objekt – die Ringform – transformierte. So entstand das Schmuckprojekt „alloy925“ –  als Code für ihr Ausgangsmaterial “Sterlingssilber”. Diese Legierung besteht aus 92,5 % Silber und 7,5 % anderen Metallen wie zum Beispiel Kupfer. Nach dem abgeschlossenen Studium war für Anne der Weg vorgezeichnet. Ihre Eltern lebten es ihr mit selbstständigen Handwerksberufen vor und unterstützten sie jederzeit. “Meine Wurzeln waren sehr prägend für mich. Ich habe anhand meiner Eltern gesehen, welche Freiheiten die Selbstständigkeit mit sich bringt, aber auch welcher Druck dahinter steckt.” Die Selbstständigkeit und der Standort in Leipzig erschienen für sie die logische Konsequenz. Mitten in einer Pandemie mit ihrem eigenen Business zu starten, sorgte bei ihr zu Beginn für Kopfzerbrechen. Doch sie schaffte es, dagegen anzukämpfen. “Ich habe es einfach laufen lassen und hatte das Vertrauen, dass es klappt”, erinnert sie sich.

„Ich hoffe, ich kann damit für einen Neuanfang sorgen. Das ist ein schönes Gefühl.”

Die Bürofläche und das Ladengeschäft teilt sie sich mit der benachbarten Produktdesignerin Franziska Klee und die beiden haben die Lockdown-Phase für einen kompletten Umbau genutzt. Am liebsten ist Anne jedoch im Freien unterwegs und arbeitet in der direkten Umgebung, die sich ihre Auftraggeber:innen selbst wünschen. Dazu zählen unter anderem auch Trauernde, die sich eine ganz besondere Erinnerung an ihre liebsten Menschen wünschen und in dem Schmuckstück einen besonderen Ort mittels eines schönen Rituals einfangen möchten. Diesem emotionalen Moment gibt Anne einen würdigen Rahmen und trägt einen wichtigen Teil zur Trauerbewältigung bei. Nicht immer gelingt es ihr, die Trauer von sich fernzuhalten. Aus diesem Grund gibt sie die Erde immer wieder zurück. “Ich finde es schön, die Geschichten zu hören und zu wissen, dass ich mein Gefühl dazu lege und es gedanklich auch abschließe. Ich hoffe, ich kann damit für einen Neuanfang sorgen. Das ist ein schönes Gefühl”, erzählt Anne. Häufig experimentiert sie in der gut ausgestatteten Werkstatt weiter und formt die rohen Ergebnisse bis zur Vollendung. Das Edelmetall wird entweder direkt in der Erde oder in eingeritzten Gipsformen erhitzt und kann durch bestimmte Temperaturschwankungen beeinflusst werden. Beim Ablöschen mit Wasser sammeln sich Oxid- und Sulfidschichten an der Oberfläche an, die für das raue Farbspiel sorgen. Dieser Vorgang macht jedes Schmuckstück zu einem Unikat. So einzigartig wie jede Geschichte, von der Anne erfährt. Doch auch viele freudige Anlässe begleitet die Schmuckdesignerin mit ihrem emotionalen, lebensnahen Handwerk und schafft damit Erinnerungen, neue Lieblingsorte, Verbundenheit zueinander und einen sinnstiftenden Umgang mit Trauer und Freude.

Was?
Anne Kaden – Schmuckdesign
Wann?
Öffnungszeiten nach Vereinbarung
Wo?
Georg-Schumann-Straße 134, 04155 Leipzig
Warum?
Wegen handwerklicher Expertise und der Suche nach neuen, kreativen Ausdrucksformen in Form von wunderschönem Silberschmuck. Die Schmuckdesignerin und Silberschmiedin Anne Kaden verwandelt jede persönliche Geschichte in ein echtes Unikat und schafft mit ihre Handwerk wertvolle Erinnerungen.

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