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kommst du? ich halt dort die tür auf und du rennst weg. er hörte sie leise sprechen.

sommer

Hot girl summer is over. Mit einem Fingerschnipp ist der Sommer vorbei und ich kann es kaum glauben, dass die warmen Nächte und gemütlichen Nachmittage am See von Kastanien in der Jacketasche und kalten Händen am Fahrradlenker  abgelöst werden. Wie jedes Jahr sitze ich mit runtergezogenen Mundwinkeln am Fenster und versuche eine Lücke in der Wolkendecke zu erhaschen – ja, Anpassungsschwierigkeiten gegenüber dem Jahreszeitenwechsel fühle ich so ziemlich. Vor allem dann, wenn wir noch nicht genau wissen, was uns in diesem Herbst erwarten wird. Die vergangenen Jahre waren schließlich ein intensiver Vorgeschmack und auch 2022 verlangt uns einiges an Standhaftigkeit sowie Krisenbewältigung ab. Kann es daher sein, dass dieser Sommer auch deshalb noch wichtiger für uns war? An dieser Stelle darf auch gern die Randnotiz folgen, dass wir in Leipzig einen weitgehend unbeschwerten, fröhlichen und leichten Sommer verleben durften – für den wir wirklich sehr dankbar sein dürfen und, der mit einem Blick in die Tageszeitungen, auch nicht selbstverständlich war. Dieses Gefühl war irgendwie immer ein wenig im Hinterkopf präsent – und das ist in Ordnung. Das ist unsere Realität, in der wir uns befinden und mit der wir – so gut es eben geht – zurechtkommen müssen. Manchmal klappt es besser und manchmal nicht. Dass uns der Gedanke an 2023 retten wird, ist ebenfalls nur eine schöne Illusion. Die Zeiten von „Nächstes Jahr wird alles besser“ sind gefühlt vorbei – beschließen wir und widmen uns dem, was wir in der Hand haben. Denn dieser Sommer hatte einiges mehr zu bieten und für Erinnerungen gesorgt, die ich und wir so schnell nicht vergessen.

Ich erinnere mich an heiße Seetage, die bereits im Juni begannen und mit Pommes „rot-weiß“ nur noch schöner wurden. Wir sahen „Das Paradies“ in der nato und  sangen laut „Rosa Luft“ mit. Wir rührten durch unzählige Eiskaffees und liebten das Geräusch der klirrenden Eiswürfel. Wir spazierten  Arm in Arm über das „KOSMOS“ Festival in Chemnitz und fühlten uns vereint wie im Jahr 2006. Wir lösten Gutscheine für Schifffahrten auf den Leipziger Seen ein und sahen ein zufriedenes Lächeln auf den Gesichtern der Großeltern. Wir tanzten auf den Open Airs vor Backstein und gingen mit den Armen voller Baguettes nach Hause. In zwei Wochen wieder an der gleichen Stelle? Na klar! Wir erlebten zum ersten Mal seit Jahren einen fast mediterranen Sommer an der Ostsee und sprangen in die Wellen. Wir tranken an einem Vormittag drei Flaschen Crémant und später in dieser Woche noch viel mehr bis die Diskokugel von der Decke purzelte. Wir kümmerten uns gegenseitig als Urlaubsvertretung um die Pflanzen und retteten sie vor der Hitze. Knapp 40°C waren nicht einmal mehr mit den Füßen im Wasser auszuhalten. Wir stießen mit einem “ Super Cattivo Bianco“ auf die Zahl 33 an und transportierten riesige Blumensträuße im Fahrradkorb nach Hause. Wir verliebten uns in Aarhus und sorgten für die richtige Urlaubsbräune. Wir schwitzten zum Tocotronic Konzert und riefen der Parolen aus unserer Jugend. Wir lagen nachts im Park und beobachteten die Sterne. Wir feierten Sommerfeste im Regen und setzten die langen Nächte fort. Wir verbrachten Geburtstage bei IKEA und erinnerten uns mit Zimtschnecken an den Sommerurlaub. Wir stießen auf „60 Jahre“ an und zupften die ersten Streuseln vom Pflaumenkuchen. Wir schmachteten kollektiv für ein ganz besonderes Brautpaar und fuhren mit dem Rad zum Standesamt. Wir tanzten durch die Nacht in Berlin und hielten uns zu „Okay“ von KUMMER an den Händen. Die Abende wurden kälter und der dicke Wollpulver längst zu unserem Begleiter. So langsam wussten wir, dass sich dieser Sommer dem Ende neigt. Doch bevor wir uns Pilz-Dates im Wald widmen und den Herbst – mit allen seinen Ungewissheiten – auf uns zukommen lassen, verschlägt mich eine kleine Reise nach Hamburg und lässt uns den Alltag für ein langes Wochenende vergessen. Noch Tage danach ziert ein Grinsen unser Gesicht und lässt uns an gemütliche Wohnzimmerbars, Strandspaziergänge im Sonnenschein, ausgedehnte Frühstückstouren, vegane Donuts, zweite Kaffees, Vespa-Touren und lange Gespräche erinnern. Sommer, du warst sehr gut zu uns.

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