Das Wochenende ist erst vorbei, wenn wir nicht mehr Alexander Marcus‘ „Hundi“ im Kopf haben, Mark Ronson nicht mehr zu „Uptown Funk“ tanzt, wenn der Teller mit den letzten Mettwürsten leer ist, wir wieder im Fernbus sitzen und kichernd die Bilder der letzten Partynacht ansehen. In Berlin ticken die Uhren anscheinend anders, denn die letzten Tage sind viel zu schnell vergangen. Man könnte schwören, dass die Stunden sonst immer viel länger sind. In Berlin aus dem Bus zu steigen, hoch zum Fernsehturm zu sehen und dann in die Arme geschlossen zu werden, fühlt sich mittlerweile so völlig vertraut an. In gewisser Weise wie Nachhause kommen. Tasche abstellen. Tee trinken. Zusammen Radio hören. Hallo Märchenschloss! „Was hat es denn eigentlich immer mit diesem Schloss auf sich? Die Mädchen wohnen doch nicht wirklich in einem Schloss oder?“ Wer weiß. Aber hier passieren auf jeden Fall märchenhafte Dinge. Worauf wir uns am Abend schon gefreut haben? Auf eine Pyjama-Party mit der Mietz, zusammen im Bett liegen und erzählen.
Wie der Tag richtig gut beginnt? Mit einem selbstgeschriebenen Zettel auf dem steht: „… hab viel spaß & bis heute abend. p.s.: FROOTLOOPS!„. Freie Tage, ein bisschen ausschlafen, Frootloops naschen, die fleißigen Mädchen verabschieden, die Tür schließen und mit der Mietz alleine im Flur stehen. „So, Panny, wir gehen jetzt duschen und dann stromern wir durch Berlin“. Die Stadt wirkt zum Freitag fast leer. U-Bahn fahren. Spazieren. Umsehen. Ein Ziel steht auf dem Tagesplan: Die neue „Mall of Berlin“ am Potsdamer Platz besuchen. Aber viel mehr lockt zum Nachmittag die kalte Januarsonne. Raus aus den Läden und rein zum Prenzlauer Berg. Schaufenster ansehen, an roten Ampeln stehen, zurückgrinsen und einfach nur Straßen entlang laufen, die man noch nicht kennt und schön findet. Wie durch Magie enden die Wege vor dem „Kauf dich glücklich“-Café auf der Oderberger Straße. Während langsam das Lebkucheneis auf der warmen Waffel schmilzt, singen im Hintergrund „The National“ „Put a little something in our lemonade and take it with us. We’re half awake in a fake empire“. Im Café sitzt niemand. Bis auf die Kaffeemaschine und die Musik ist alles herrlich ruhig. Der Spaziergang geht weiter. Vorbei am Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, Mauerpark, diversen Photoautomaten, der Kulturbrauerei und ganz vielen Straßen, deren Namen ich vergessen habe. „Wie ist dein Spaziergang? Wo bist du?“ „Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung…“ „Bist du noch in Berlin?“ „Ich hoffs!“. Mein Handy sagt: Gezählte Schritte für den Nachmittag: 11.000.
Genug spaziert und Waffeln gegessen. Erstmal Pfandflaschen wegbringen und neuen Schnaps kaufen. „Das kriegen wir niemals alles nach Hause…“ Hoch die Hände, Wochenende! Chefköchin Jagdgewehr zaubert ihre vegane Soja-Bolognese und wir werfen uns in unser Partyoutfit für eine vergnügte Geburtstagsfeier in der mini Bar. Und, obwohl die Bar wirklich so klein und eng wie ihr Name ist, übersieht man eine Stunde lang, dass sich unter den Geburtstagskindern Andy Ronson versteckt hat. „Es ist doch erst 1Uhr. Kommt, wir trinken noch einen Long Island Ice Tea…“ „Ja, oder wir gehen alle nach Hause…“ „Ach, kommt. Noch einen Sekt.“ „Ich glaube, die Jungs wollen noch nichts los…“.
Viel zu spät wachen alle im Märchenschloss auf. „Wir haben uns gestern gar nicht mehr „Gute Nacht“ gesagt. Das ist mir heute Morgen gleich zuerst eingefallen“. „Stimmt, Schnitte!“ Dinge, die man tagsüber sehr gut machen kann: Sich gegenseitig Horoskope vorlesen, neue Sprachen mit „DuoLingo“ lernen („Il mange une orange!“), Rezepte raussuchen, das neue Haftbefehl-Album hören und Cannelloni mit Spinat-Ricotta und mediterraner Füllung backen. Und das sogar noch in der veganen Variante. „Das ist doch eine gute Grundlage…“ – denn tatsächlich wie gedacht, erwartet uns das Geburtstagskind Gourmetulf mit einem Tablett voll Schnaps an der Wohnungstür. „Eintritt nur, wenn ihr den Shot trinkt!“. Blick auf die Uhr: Kurz nach 16Uhr. „Auf dich!“. Lieblingssätze, an diesem Abend: „Habt ihr noch was zu trinken?“, „Prost!“, „Jetzt trink doch mal…“, „Ich hab irgendjemandem Geld geliehen. Aber keine Ahnung, wie viel“. „Da hat jemand reingepisst!“. Kurze Schnapspause: Wir gehen Schwarzlicht-Minigolf spielen. „Das ist ein bisschen wie Minigolfen auf LSD oder?“ „Ich treff den Ball einfach nicht mehr…“. Der Gesamt-Gewinner aller Teams erhielt zum Abschluss: GLÜCKWUNSCH! Eine Flasche Wodka und zwei Flaschen Cola. Und Becher! Als guter Gewinner teilt man natürlich seine Geschenke mit allen.
Verträumte Blicke und ein Lächeln im Gesicht: „Mir gehts gut. Alles gut“. „Du hast deinen Beutel am Späti liegengelassen…“. Der zweite große Schock: Chemnitzer kennen keine Center Shocks. „Was? Ist das dein Ernst? Du kennst die nicht? Was hast du denn bitte nach der Schule gegessen?“ „Esspapier…“. Aber damit gleich von der Liste gestrichen: Dinge, die ich noch nie gemacht habe: Center Shocks „Hidden Apple“ probiert. Nach dem Minigolfen ist vor der Party. Berliner Luft aus Flaschen trinken, bei orientalischen Gerichten aufwärmen, Plätze in Bars für 20 Personen suchen und Partybeschreibungen durchlesen. „Soulexplosion wird bestimmt richtig gut heute…“. Doch der beste Plan ist genau der, wie vor einem Jahr. Karrera Klub im Lido. Party like it’s 2007. Gleiche Gäng, gleiche Musik („Ich wette das ist auch die gleiche Playlist…“), gleicher Club und alle flippen richtig aus. The Kooks, Shout Out Louds, Phoenix, Florence + the Machine und alle so: Whoooo! Wenn, dann richtig. Irgendwann gegen 6Uhr liegen wir zu dritt im Bett und schmunzeln immer noch. Was für wunderschöne Tage im Märchenschloss und in den Straßen von Berlin. Bis bald!
Dank warmen Waffeln, langen Spaziergängen, Hände halten, beieiander sein, betrunkenen Handynachrichten, Mettbrötchen, Lieblingsnudeln, Schnapsrunden, Minigolfen im Dunklen, wilden Tänzen, im Bett liegen und Stimmen nachmachen, Kaffee- und Frootloops-Freuden am Morgen, zu dritt plus Mietz in einem Bett schlafen, ganz lieben Gastgebern, zuckerhafte Wiedersehen und dem Gefühl, dass man all das so lieb hat. Gängzeichen.
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