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das leipziger lifestyle magazin. ein hoch auf die kreativen dieser stadt!

and we lost faith in the arms of love.

Endlich Sonntag. Endlich wieder die neue Rubrik. Für diese Texte sollte man sich eine Tasse Tee kochen und Zeit nehmen. Mädchen und Jungen im besten Alter, Mitte 20, schreiben ihre kleine Geschichten und Erfahrungen. Alles für die Liebe. Wir sitzen immer wieder zusammen und erzählen, tratschen, diskutieren, klopfen uns auf die Schultern, werden manchmal laut, halten Hände, träumen mit, ermutigen und schmunzeln. Worüber man eigentlich die meiste Zeit redet? Es sind immer die Herzensangelegenheiten. Manchmal frisst uns dieses ganze Gerede über Liebe und Glücklichsein auf. Wir sehnen uns. Wir teilen die Welt in: Vergeben und Single. Wir verlieben uns. Wir erleben Abenteuer. Wir machen Dinge, die man besser nicht machen sollte. Am besten gleich doppelt. Wir lachen mit. Wir sind traurig. Wir runzeln mit der Stirn und hinterfragen uns: Würde man selbst auch soweit gehen oder wie würde man in dieser Situation handeln? Es kann unglaublich spannend sein von diesen persönlichen und ehrlichen Gedanken zu lesen. Ich will diese sammeln. Aus den verschiedensten Städten und Perspektiven. Was bewegt dich? In erster Linie bat ich liebe Menschen aus meinem Umfeld aufzuschreiben, was für sie Herzensangelegenheiten waren oder immer noch sind. Die Absicht dahinter wirkt: “Du hattest Recht. Es hatte einen kleinen therapeutischen Effekt. Das hätte ich nicht gedacht”. Alle Texte bleiben, wenn man möchte anonym und zeigen nur einen Gefühlszustand zum Zeitpunkt des Schreibens. Möchtest du auch ein Gastautor in dieser Rubrik werden, dann schreib an: liebesbrief@annabelle-sagt.de. Es folgt eine…
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„Meine Wahrnehmung besteht nur noch aus Farben und Lichtern. Sie sind grün, blau, rot und sie spiegeln sich, drehen sich im Kreis, wie ein Karussell, das sich endlos um sich selbst dreht. Ich schließe die Augen, gebe mich dem Rausch der Sinne hin und lasse los. Ich spüre mein Herz, wie es schlägt und höre das Blut rauschen, das wie ein reißender Fluss gen Meer strömt. Für einen Moment ist es ganz still, in einem Raum voller Menschen, in deren Gesichtern tausende Geschichten erzählt werden und voller Gefühle, die in diesem Moment niemand einfangen kann. Wir sind frei und jung, gefangen und alt, alles zur selben Zeit, am selben Ort, wir sind glücklich und traurig. Wir leben.

Vor 29 Tagen sagtest du zu mir, dass du mich nicht mehr sehen willst. In meiner Küche, bei einer Zigarette, während es draußen in Strömen regnete – wir, dass sei nicht so, wie du dir das vorgestellt hattest. Vor 49 Tagen wolltest du mich kennen lernen. Drinks, spontan bei dir um die Ecke und nichts Großes. Ich war nicht nervös, hatte keine Erwartungen und glaubte nicht daran, sich über Apps zu verabreden. Vor 47 Tagen, beschloss ich einem zweiten Treffen zu zustimmen und dich wieder zu sehen, weil du so ungeduldig und charmant warst. Vor 35 Tagen hast du es nicht mal geschafft so zu tun, dich zu freuen, als ich zu deiner Filmpremiere gekommen bin. Vor 40 Tagen lagst du bei mir im Bett ohne, dass du jemals gehen wolltest. Für ein paar Stunden warst du ganz ganz bei mir, ohne dass dir deine Arbeit im Kopf rum schwirrte und dein Handy lag weit weg. Vor 33 Tagen hast du aufgehört mir von deinem Tag zu erzählen und unsere Treffen verschoben. Vor 45 Tagen aßen wir bei meinem Lieblings-Vietnamesen bei dir um die Ecke. Wir haben Unmengen Sushi gegessen bis wir fast platzten und spazierten über die Dächer Berlins. Es war der erste warme Abend, wir standen weit oben, haben über Berlin geschaut und uns auf den Sommer gefreut. Wie es wohl wäre, wenn es jetzt Sommer wär‘? Du hast meine Hand genommen, als wir am Rand des Daches standen und in die gegenüberliegenden Wohnungen starrten. Vor 32 Tagen hast du unsere Verabredung vergessen, du warst noch zu kaputt, warst feiern mit den Jungs. Du hattest im Büro ausgenüchtert und mich Abends angerufen, um mir zu sagen, dass du noch arbeiten musst. Vor 39 Tagen standest du nachts vor meiner Tür und es fühlte sich an, als würden wir uns schon viel länger kennen, als nur lächerliche 10 Tage. Ich öffnete die Tür und lauschte die ganze Nacht deinen Geschichten, die du erlebt hattest. Vor 49 Tagen dachte ich mir, dass du gar nicht mein Typ bist – und ich sagte meinen Freunden, dass ich doch vorhergesagt hatte, dass Dating Apps dämlich sind. Vor 38 Tagen lerne ich deine besten Freunde kennen und du meine. Es war verrückt, ich war glücklich – es fühlte sich so an, als wäre nach einer langen Zeit alles am richtigen Platz. Vor 48 Tagen sagte ich dir ab, weil ich lieber Serien schauen wollte, als mich noch mal mit dir zu treffen. Vor 29 Tagen weinte ich, weil ich mich in allem geirrt hatte.

Da sind sie wieder, die bunten Lichter – alles fliegt im Kreis, immer schneller und schneller. Wir lassen uns fallen, viel tiefer, als wir es vorhatten und leiden am nächsten Tag an den Folgen. Manchmal sind wir tagelang benebelt, je nachdem, wie schnell der Körper die schädlichen Substanzen abbaut. Abhängig davon, wie schnell er vergisst und wie stark die Dosis war. Am Ende spürst du nur noch die Musik, wie sie sich durch deinen Körper, deine Venen, schließlich durch deine Organe zwängt und dich mitten ins Herz trifft.

Wie zwei Kometen, die aufeinander prallen und in tausend Stücke gerissen werden. Der eine mehr. Der andere weniger.“

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