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and i need all that green, i need the cabbage. i was down too long.

Alles kommt irgendwann wieder. Das ist in der Mode so und beim Essen. So hing dem Fermentieren vor einigen Jahren noch ein gewisses Reformhaus-Flair an, änderte sich das spätestens als Rene Redzepi, Mastermind von DEM Noma (Chef’s Table), der Fermentation 2018 sogar einen ganzen Hardcover-Guide widmete. Die wahren Foodies haben den dicken Wälzer natürlich im Bücherregal stehen – neben „Jerusalem“ von Yotam Ottolenghi. Ich bekenne mich schuldig, in beiden Fällen. Ihren neusten Höhepunkt erlebte die Milchsäuregärung, die seit Jahrtausenden zur Konservierung von Lebensmitteln dient, während des Lockdowns im Frühjar. Plötzlich waren alle am Brot backen, Einlegen und Vermehren von Scobis. Und das zu Recht: Die Techniken des Gärens machen nicht nur Spaß –  die Endprodukte schmecken richtig gut und lohnen sich auch noch ernährungstechnisch. Fermente stecken voller Vitamin C, das wir besonders im Winter gut gebrauchen können. Und der wird in diesem Jahr, ich muss mich kurz räuspern, gefühlt sehr lang. Zudem scheint das Backen von Brot oder das Mixen von Fermenten das Bedürfnis nach etwas Greifbarem zu bedienen, nach etwas, das man selbst hergestellt hat. Ganz davon abgesehen, dass es Zeit kostet, die viele im Alltag anderen Dingen schenken, hat das Kneten, Schnibbeln, Walgen und Matschen etwas Entschleunigendes. Wenn das Endprodukt dann auch noch essbarer ist – Jackpot.

Noch was Gutes: Beim Fermentieren gibt es, anders als beim Backen, eigentlich kein Richtig oder Falsch. Die Technik des Konservierens ist entscheidend, alles andere Freestyle. Die Kombination von Gemüsen, Obst, Pasten und Gewürzen macht jedes Ferment individuell. Im Prinzip kann man alle Gemüsesorten fermentieren. Das einzige, worauf ich wirklich achte, ist das Verhältnis von Salz zu Gemüse – 2% Salz im Verhältnis zum Gemüse. Einfache Fermente bestehen lediglich aus diesen beiden Zutaten, gegebenenfalls noch Extras wie Fenchelsamen, Senfsaat, Kumin, Kreuzkümmel oder Pfefferkörnern nach Geschmack. Das Salz zieht die Flüssigkeit aus dem Gemüse und bildet mit den langkettigen Kohlenhydraten, den Zuckern, die Grundlage zur Milchsäuregärung.

Etwas aufwendiger zuzubereiten, dafür aber komplexer im Geschmack, ist Kimchi: The King of Kohl. So nennt man in der koreanischen Küche einerseits den Prozess, aber auch das Ferment an sich. Der mit Chilipaste fermentierte Kohl ist ein Dauergast in koreanischen Gerichten und wird in vielen warmen und kalten Varianten als Vorspeise oder Beilage, in Suppen, mit Reis oder in Kartoffelpuffern verspeist. Auch beim Herstellen von Kimchi gilt: Do as you please! Chinakohl, koreanische Chiliflocken – Gochugaru – Ingwer und Knoblauch sind unverhandelbar, alles andere kann man tauschen oder weglassen: Fischsoße gegen Sojasoße tauschen, Rettich gegen Kohlrabi, Tintenfisch oder Scampi skippen, (Kimchi-Königin Maanchgi verwendet beides in ihren Kimchi-Rezepten) einen Reismehlpudding herstellen oder eben nicht. Irgendwas, das an Kimchi erinnert, wird schon dabei rauskommen.


Meine liebste Verwendung für Kimchi:
1. Kimchi Fried Rice
2. Grilled Kimchi Cheese Sandwich
3. Als Topping auf jeglichen Rice Bowls wie Koreanischem One Pot oder Bibimbap
4. Mit gerösteten Sesamsamen und frischem Schnittlauch als Vorspeise serviert neben Edamame und Gyoza (Gibt es beides tiefgekühlt bei denn’s oder im Asia-Markt)

Ich habe mit dem untenstehenden Rezept eine gute Mischung für mich gefunden, die ich aber auch immer mal wieder abändere. Zum Thema Schraubglas: Im Internet finden sich tausend Meinungen dazu, was für ein Glas man zum Aufbewahren braucht oder auch nicht braucht. Da Kimchi im Vergleich zu etwa fermentiertem Rotkohl auch durch die Chilipaste relativ flüssig ist, besteht die Gefahr, dass das Glas überläuft, sobald die Gärung einsetzt, während der Kohlendioxid (CO2) sowie Kohlensäure (H2CO3) entstehen. Dem Überlaufen kann man einerseits entgegensteuern, indem man genügend Platz lässt und das Glas keinesfalls bis zum Rand mit Kimchi befüllt. Außerdem schraube ich das Glas in den ersten 3-4 Tagen nie komplett zu, sodass genügend Gas entweichen kann, ohne, dass durch den Unterdruck die Flüssigkeit im Glas hochgedrückt wird. Bei Bügelgläsern würde ich in den ersten Tagen den Dichtungsgummi weglassen und das Glas so abschließen. Irgendwann hab ich mir dann ein Schraubglas mit Ventil besorgt, dass dieses Prozedere an sich überflüssig macht. Ist aber meiner Meinung nach echt kein Muss: Es empfielt sich abgesehen von der Art des Glases sowieso, dasselbige jeden oder jeden zweiten Tag zu öffnen um das Ferment wieder runterzudrücken (Hallo, Brad Leone!). Nach 4-5 Tagen kommt das Kimchi in den Kühlschrank, wo sich die Fermentation durch die niedrigen Temperaturen auf ein Minimum runterfährt. Ab hier dann Deckel zuschrauben oder Dichtungsgummi ins Bügelglas einlegen.

Rezept für Kimchi | Rezept für 1,5l Schraubglas

Zutaten:

1 Bügel- oder Schraubglas (Fassungsvermögen 1,5l)
1 Chinakohl (ca. 1,5 kg)
1 Zwiebel
60 g Salz
20 g Zucker
250 ml Wasser
1 große Karotte
1 kleine Birne (geschält)
1 Knoblauchknolle (8-10 Zehen)
1 daumenbreites Stück Ingwer (ungeschält ca. 10g, geraspelt 1 EL)
½ Knolle Daikon Rettich (alternativ weißer Rettich oder Kohlrabi)
5 Thai-Frühlingszwiebeln (alternativ Frühlingszwiebeln)
25 g Reismehl (alternativ Speisestärke aus Kartoffel oder Mais)
einige Spritzer Fischsoße (alternativ Sojasoße)
100g Gochugaru(koreanische Chiliflocken)
evtl. 1-2 EL Gochujang (scharfe Würzpaste)

Pro-Tipp: Tüte nach Gebrauch einfrieren, so halten sich die Flocken ewig!

Zubereitung:

Kohl vorbereiten:
1. Ein äußeres Blatt des Chinakohls abbrechen und beiseitelegen. Den restlichen Chinakohl längs vierteln, Strunk entfernen, die Viertel jeweils längs noch einmal teilen und großzügig in mundgerechte Stücke schneiden.
2. Chinakohl waschen und dann 1,5 Stunden in einer Schüssel mit gesalzenem Wasser einweichen lassen. Kohl jede halbe Stunde umwalzen. Kohl am Ende der 1,5 Stunden gründlich waschen, sonst wird das Kimchi zu salzig. Gut abtropfen lassen und beiseitestellen.

Chilipaste zubereiten:
1. In einem Kochtopf das Reismehl unter Rühren in Wasser aufkochen, Zucker hinzufügen, einige Minuten unter Rühren weiterköcheln bis die Masse milchig eingekocht ist. Ich habe Speisestärke verwendet, deshalb die gelbliche Farbe. Entstandenen „Pudding“ abkühlen lassen. Dieser Pudding hilft einerseits später, die Fermentation zu beschleunigen und dient andererseits als Emulgator für die Paste.
2. Zwiebel, Knoblauch, geschälte Birne und Ingwer in der Küchenmaschine zerkleinern, Reismehlpudding, Sojasoße oder Fischsoße hinzufügen und zu einer glatten Masse mischen. Wer keine Küchenmaschine hat, hackt die Zutaten fein und püriert ggf. alles zusammen mit dem Reismehlpudding zu einer gleichmäßigen Masse.
3. Gochugaru-Flocken hinzufügen, umrühren.

Kimchi:
1. Karotte und Rettich in dünne Streifen und Frühlingszwiebeln fein schneiden.
2. Gewaschenen Chinakohl, restliches Gemüse und Chilipaste miteinander vermengen.
3. Kimchi in ein großes sauberes Schraubglas füllen und gut festdrücken, sodass keine Luftkammern in der Masse zurückbleiben. Oben sammelt sich die Flüssigkeit, die das Kimchi luftdicht konserviert und dafür sorgt, dass es nicht gammelt, sondern gärt. Milchsäurebakterien benötigen zur Gärung eine sauerstoffarme Umgebung, fäulnisfördernde Mikroorganismen benötigen Sauerstoff.

Wichtig! Damit das Kimchi unter der entstandenen Flüssigkeit bleibt und nicht an der Oberfläche schwimmt, nutze ich Gewichte aus Glas oder Keramik und lege erst eines der Außenblätter des Chinakohl über die Masse, bevor ich alles beschwere. So können keine kleinen Stücke an den Gewichten vorbei nach oben schwimmen. Wer nicht extra irgendwas kaufen will, kann sich auch mit kleinen Schüsselchen oder Espressotassen behelfen, die man am besten kopfüber über das Kimchi stülpt.

Guten Appetit!


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