Hello Herbst, nice to see you! Das Thermometer zeigt ganze 6°C an. Dabei sieht der blaue Himmel zum Samstagmorgen nur allzu verlockend aus. Gänsehaut-Wetter im September. Das sind diese Morgen, an denen man mit Zahnbürste wild gestikulierend im Bad zu den Dire Straits „Sultans of Swing“ tanzt und den Rucksack für einen kleinen Ausflug packt. Ewig nicht gehört. Noch hängen die Blätter grün an den Bäumen und Laubrascheln erweist sich als schwierig auf dem Fußweg. Aber die kalten Hände am Fahrradlenker machen uns doch langsam klar: Das wars mit dem Sommer! Kein Grund, um sich drinnen eine Höhle zu bauen. Was am ersten Herbstwochenende in der Stadt nicht fehlen darf, ist der legendäre Spinnerei Herbst Rundgang. Wie in jedem Jahr laden die Galerien, Werkstätten und Ateliers auf dem Gelände der Leipziger Baumwollspinnerei zum öffentlichen Rundgang ein. Galerie ASPN, Galerie b2_, R E I T E R , HALLE 14, Laden Fuer Nichts, WERKSCHAU, der Künstlerbedarf boesner und noch viele weitere namenhafte Türen öffnen sich zum Samstag. Vorbereitung ist alles. „Habt ihr alle Wein dabei?“ Weißburgunder und die Jungen Franken klappern in den Taschen. Gläser sind natürlich auch dabei. „Wir sind sechs Leute. Wie oft stößt dann jeder an?“ Die mathematische Aufgabe lösen wir durch das klirrende Geräusch unserer Gläser. Cheers! „13 Uhr und die erste Flasche ist offen. Jetzt kann es losgehen!“ Kunst und Wein gehören schließlich zusammen. Genauso wie das obligatorische Glas in der Hand zum Spinnerei Rundgang. Nur nichts verschütten! Kamera umhängen und los.
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„Warum stehen wir eigentlich die ganze Zeit immer wieder im Schatten?“ Wirklich weit kommen wir in der schwatzenden Runde nicht. Nicht mal bis zum nächsten Sonnenfleck. Vor dem Mittagssnack schauen wir uns aber noch ein paar Galerien an. Oder wie der ältere Herr neben uns bemerkte: „Treppen halten mich nicht von der Kunst ab“. Ganz oben auf der Liste die alte Nadelsetzerei und Sattlerei der Halle 12 und jetzige WERKSCHAU mit der aktuellen Ausstellung „Every Cult its Castle – Die Sammlung Philara in der Spinnerei Leipzig“. Die WERKSCHAU gefällt einfach immer! Gleich danach lohnt sich auch immer der Besuch im Zentrum für zeitgenössische Kunst in HALLE 14 mit den „Räumen Sozialer Produktion – Eine Selbstverortung nach 15 Jahren“. Die Weingläser geben wir ab und tauschen sie gegen eine Führung des Hauses ein, in die wir spontan geraten sind. Von architektonischen Veränderungen, neuen Raumnutzungskonzepten, dem SpinLab – The HHL Accelerator bis zum großen, bewachsenen Dach bekommen wir Einblicke in die HALLE 14 als nicht-kommerzielles Kunstzentrum und Denkraum für neue Ideen. Warum regnet es gerade jetzt, wenn wir hoch oben auf dem Dach stehen?, fragen wir uns. Wichtig: Nur nicht den Anschluss an die Gruppe verlieren, sonst findet man sich schnell im Keller wieder.
Der Regen hinterlässt nach nur kurzer Zeit auf den steinigen Wegen große Pfützen und die Schienen, die sich quer durch das Spinnerei Gelände ziehen, glänzen. Auf Regen folgt Sonne. Im Abendlicht sieht der Spinnerei Rundgang noch viel schöner aus. Die Gruppe teilt sich damit bis 18 Uhr noch das sehen, worauf wir uns schon gefreut haben. Die späten Sonnenstrahlen verleihen den Meisterzimmern und unserem letzten Ziel der Halle 18 ein ganz besonderes Licht. 30 Fotografen des Berufsverbands „Freie Fotografen und Filmgestalter e.V.“ haben sich für die Aussstellung zusammengefunden und das Thema GLÜCK auf ihre eigene Art und Weise in Film und Fotografie präsentiert. Die Weinflaschen sind leer. Die Treppenhäuser abgelaufen. Der Nachmittagskaffee zeigt langsam seine Wirkung und wir schauen durch die staubigen Fenster der Spinnerei. Eisberge aus Styropor, flackernde Bildschirme, Kartoffeldrucke, Zeichnungen, Sprüche an den Wänden, das windige Dach, expressive Malerein von Ryan Mosley, aufgereihte Aktenordner und Lichtinstallationen bleiben in Erinnerung. Ja, so ein entspannter Ausflug in den Leipziger Westen macht auch glücklich. Womit wir diesen wunderbaren Herbsttag am besten beenden? „Ich habe Lust auf was Ausgefallenes“ – die Dim Sums und gebackenen Süßkartoffeln warten schon im PING PING auf uns. Wann machen wir das wieder?
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