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das leipziger lifestyle magazin. ein hoch auf die kreativen dieser stadt!

wir leben hoch in unserem niedergang.

4 Kommentare

So langsam ordnen sich die Abenteuer der letzten 24 Stunden und man schaut immer noch begeistert auf das Titelblatt der heutigen LVZ-Ausgabe. Wie lustig, da sind wir ja drauf. Wir laufen mit schnellen Schritten durch den Leipziger Westen und sprechen dabei ins Handy. „Jetzt sind wir auch schon Leute, die nur Englisch miteinander reden“. Müssen wir aber, damit uns auch die Zuhörer weltweit verstehen. Schon ziemlich verrückt irgendwie mit sich selbst in einer anderen Sprache zu reden. Was wir da machen? Wir stellen die Plagwitzer Yuccie-Orte per Live-Streaming-App „PERISCOPE“ vor. Was wir zeigen sind neben schönen Straßen, alten Hausfassaden, spazierenden Menschen („Oh, guck mal, die zwei niedlichen alten Omis!“) und blauem Himmel, jede Menge kleine Läden, niedliche Cafés und Orte, die von Kunst und Aktionismus geprägt sind. Kurz gesagt: Wir belästigen gern Menschen.

Vollbildaufzeichnung 25.07.2015 152159 Vollbildaufzeichnung 25.07.2015 152251Ein lustiger Spaziergang sollte es werden und wir wollten der Welt zeigen, wie wir unser Leipzig wahrnehmen. Auch, wenn sich sämtliche internationale Zeitungen in Lobgesängen überschlagen, sagen wir doch in die Kamera: „Man muss sich von Leipzig einen Gesamteindruck verschaffen. Ein Stadtteil steht nicht für die ganze Stadt“. Leipzig ist einfach nur Leipzig. Das Besondere für uns ist es eher: Es ist das Zuhause. Die doch so fröhliche Aufgabe: „Einfach mal durch die Stadt laufen und ein bisschen in Englisch plappern“ – lag einem dann doch schwer im Magen und wir haben oft am Frühstückstisch diskutiert. Ist das eigentlich gut, was wir da machen? Kommt es nicht dem ganzen Hype entgegen? Oder sollte man die Aufgabe gerade deswegen übernehmen, weil wir auf unsere eigene Art einen Spaziergang zeigen würden, den wir auch sonst sonntags einfach so abgelaufen wären und dabei nichts inszenieren, was nicht da ist? Ich bin hin-und hergerissen. Ich kann beide Seiten verstehen. „Wegen solchen Geschichten kommen dann noch mehr Leute nach Leipzig, die die Stadt kaputt machen und nichts bleibt wie es ist.“ und „Was ist euer Problem? Lasst Leute doch von außerhalb die Stadt einfach schön finden“. „Ich finde Leipzig auch schön und zieh deswegen nicht gleich hin. Von außen betrachtet finde ich eure Aktion ziemlich cool und schau mir das gern an“, sagen Stimmen aus Würzburg. Ich will auch nicht, dass sich Leipzig verändert. Reudnitz soll dreckig bleiben, Connewitz bunt und die Innenstadt gern frei von Edelboutiquen und überteuerten Parfümerien. Aber deswegen kann man keine Mauern zu allen Seiten hochziehen und Leipzig abschirmen. Stattdessen benutze ich einfach nie diese Wörter mit „Hype“ und streiche spätestens nach diesem Wochenende auch „Yuccie“ und „Yipster“ und „Yuppie“ aus meinem Sprachschatz. Dann rufe ich doch lieber „Na, du alter Hipster – was geht?“ zur Begrüßung und überlasse jedem selbst, wie er mit Kategorisierungen und den Schubladen umgeht.

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Uns hat der Spaziergang trotz allem gefallen und wir hatten mit Konfetti, Schnurrbärten, Fragen wie „Was ist eigentlich bei detektor.fm im Kühlschrank?“ und „Seid ihr gerade in San Francisco?“ ziemlich viel Spaß. „Sowas kann man einfach nur mit dir machen!“ Beim nächsten Mal: Steigen wir eher auf die Fahrräder. Denn eine Stunde Sendezeit ist ziemlich schnell vorbei. Immerhin haben wir einige lokale Plätze erwähnt und direkt besucht, wie detektor.fm, Ivos „Schon Schön“, den HotDog-Laden „beard brothers“, die Bücherschatzkammer „buch und antik“, den Geschenkladen „hafen“ und das Westwerk. Wir geben ab an Hamburg, lesen weiterhin LVZ-Kommentare und kochen jetzt Sauerkraut mit Mutzbraten.

[In Zusammenarbeit mit Skyscanner & Periscope für einen Artikel über die 20 weltweit schönsten Yuccie-Plätze. Für diesen Spaziergang gab es keine finanzielle Entlohnung, nur Liebe, Herzen auf dem Display und einen Redaktionskaffee. Nachzulesen gibt es eine Reportage auf LVZ-Online „Alles Yuccie oder was?!“. Alle Fotos sind von Alexander Bley – LVZ. Vielen Dank dafür!]

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Kommentare

  1. bähhh bähhh sagt:

    ganz schlimm… bitte kommt nie wieder .. seit froh dass ihr keine aufs maul bekommen habt

  2. Maik Herlemmig Maik Herlemmig sagt:

    Krass, dass über diese Gucci-Yuccis auch noch berichtet wird.

  3. Anne Rosali Anne Rosali sagt:

    Wir geben Ihnen Recht. Absolut aufwühlend. „Wir“ konnten selbst kaum schlafen. Aber die Flasche Rotkäppchen ist uns allerdings einen Höhepunkt wert.

  4. „US-Internetpoprtal kürt den Szene – Stadtteil Plagwitz zum besten Platz für junge Kreative“

    Zwei „Blogger“ laufen schlaflos beim Live-Dreh (am Tag) durch Plagwitz im Sauseschritt.
    Plagwitz ist nun Yuccie-Town. Der Radiosender Detector.fm sendet Digital!!!
    Höhepunkt: im Kühlschrank ist Rotkäppchensekt und Paprika….

    Ja Leipzig ist eine Weltstadt, da gehört so eine Storry in die weltmarktführende Zeitung auf den
    Titel der Wochenendausgabe!!! Ich danke den Autoren der „LVZ“ für diesen aufwühlenden
    Artikel. Pulitzer Preis verdächtig.
    Steffen Berger