Hand aufs Herz: Viele spannende Orte gibt es während eines Lockdowns ja nicht unbedingt zu entdecken. Wenn alle Wege ausspaziert erscheinen, bleibt als Highlight zum Glück noch der Besuch eines asiatischen Supermarkts. Stunden könnte ich dort verbringen und wünsche mir jedes Mal, dass mir jemand die Verwendung all der Zutaten erklärt, die ich nicht kenne. Schon allein bei der Auswahl an Sojasoßen und Nudeln wird mir ganz schwindelig. Wie in einer Bibliothek lese ich dann erstmal den Klappentext aller Fläschchen, Tüten und Dosen. Oft greife ich zu altbekannten Dingen wie Tofu und Tempeh, Reispapier, Kräutern, Chilipasten oder getrockneten Pilzen. Immer entdecke ich aber auch Neues: Mochi-Eis? Gefrorener Gyozateig? Her damit! Edamame habe ich zur Vorsorge immer als 1 kg-Beutel im Tiefkühlfach. Für schlechte Zeiten.
Vieles aus dem Sortiment bleibt für mich noch ein buntes Mystikum, denn Bereiche, in denen ich weniger sicher bin, sind die japanische, thailändische und koreanische Küche. Ganz zu schweigen von den unterschiedlichen Regionalküchen Chinas. Dabei liebe ich es, in diesen Restaurants zu essen. Kulinarisch fühle ich mich eher in der nordischen Küche, mit italienischen Kochtechniken und der Kombination regionaler Zutaten verwurtelt. Ich verschlinge Kochbücher und -videos, beschäftige mich mit Techniken und Zubereitungsarten. Rezepten eins zu eins zu folgen ist mir dagegen oft zu rigide, ich nutze sie eher zur Inspiration und schöpfe aus dem angelesenen Wissen, der Erfahrung mit unterschiedlichen Lebensmitteln und meiner Intuition. Deshalb bin ich auch eine furchtbare Bäckerin – da läuft nämlich kein Pi mal Daumen. Lange dachte ich, dass zu wenig der beliebten Gerichte der asiatischen Küche über Fleisch und Fisch hinausgingen und damit für meine eigene Küche eher wegfallen würden. Dabei gibt es neben Sushi, Sommerrollen, Bibimbap und Thai Curry natürlich so viel mehr, dass die einzelnen Küchen auch für Vegetarier_innen zu bieten haben. Nach einer langen Phase aus Kimchi in allen möglichen Variationen koche ich mich gerade durch „Meera Sodhas“ vegane und vegetarische Gerichte in „East„.
Nun aber zur eigentlichen Sache: Ramen. Welcome to the land of soup. Die japanische Nudelsuppe, deren Brühe traditionell mit Schweinebauch und Knochen stundenlang geköchelt wird, habe ich in Dresden zwar oft gegessen, deren Zubereitung bis jetzt allerdings zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei ist diese vegane beziehungsweise vegetarische Variante der reichhaltigen Suppe gar nicht kompliziert. Man braucht zwar Multitasking-Fähigkeiten und mehrere Timer im Handy, da die Komponenten einzeln zubereitet und erst ganz am Ende zusammengefügt werden. An sich ist das Rezept aber nicht schwierig. Ein Highlight dieser Suppe ist neben der Brühe, der knusprige Tofu. Den sollte man nicht weglassen, da er der Suppe einen schönen Kontrast in der Textur gibt. Keine Angst vor gummiartigem Tofu, der nach Nichts schmeckt: Mit der richtigen Marinade und vor angebratenen Panade wird das super. Meine Empfehlung: Ich kaufe meist den Bio-Natur Tofu von Treiber.
Das Umami der Brühe, das Herzhafte, das sonst durch Fleisch und die Zubereitungsart erreicht wird, bildet sich in dieser veganen Variante durch die Verwendung von Misopaste in Kombination mit Tahin und Sojasoße. Was sich an Gemüse in vielen Ramenschüsseln und Rezepten wiederfindet, sind Pak Choi, Mungbohnensprossen und eine Art von Pilz. Meiner Meinung nach fügt Mais eine schöne Süße und Karotten eine nötige knackige Komponente hinzu. Wegen mir: Macht es wie Pfarrer Nolte! Für wen die Anschaffung von „speziellen“ Zutaten ein Hindernis beim Kochen von japanischer oder koreanischer Küche scheint, dem sei gesagt: Viele Zutaten halten sich lang und sind vielseitig einsetzbar. Miso und Gochujang zum Beispiel bleiben im Kühlschrank mindestens ein halbes Jahr bei vollem Geschmack genießbar, da beide Produkte fermentiert sind oder mindestens Fermente enthalten. Misopaste eignet sich über die Verwendung in Suppen hinaus zum Marinieren, für Dressings und sogar im Keksteig. (Rezept für Miso-Mandelbutter-Kekse) Wer sich für die Geschichte von Ramen interessiert und die kulturellen und gesellschaftlichen Einflüsse die sie zu der beliebten Suppe machen, die sie heute ist, kann sich die Folge „Ramen und die Transformation Japans“ des Podcasts „Geschichten aus der Geschichte“ der beiden Historiker Daniel Meßner und Richard Hemmer auf die Ohren packen. Let’s go!
Supermärkte für asiatische Lebensmittel:
Dresden:
Asia4friends
go asia
Mekong
Leipzig:
Mekong Asia Supermarkt in der Ritterstraße 44-48
Korea Markt an der Eisenbahnstraße 17
Asia Bistro & Supermarkt Leipzig
China Markt 中华超市
Don Xuan Center
Restaurants, die Ramen anbieten:
Dresden:
Ramen 1974
Hiroshi Sushi & Ramen
Fettboy
Leipzig:
Kirigami
Le Caphe
Ramen 1974
Shiki Sushi Two
SHINTO Ramen
Umaii Ramenbar
Crispy Tofu Ramen | Rezept für zwei Personen
Zubereitungszeit: 45 Minuten
Zutaten Brühe:
daumengroßes Stück Ingwer
2 Knoblauchzehen
20 g getrocknete Shiitake Pilze (eine Handvoll)
10 g getrocknete Algen (Wakame)
1,5 EL Tahin
2 EL weiße Misopaste
3 EL helle Sojasoße
1,5 Liter Gemüsebrühe
Zutaten Crispy Tofu:
200 g fester Tofu
3 EL Speisestärke
2 EL helle Sojasoße
1 EL Gochujang (fermentierte Chilipaste)
Bratöl (Sesam-, Raps- oder Sonnenblumenöl)
Zutaten Suppeneinlage / nach Belieben:
1 Ei
2-3 Pak Choi
Eine Handvoll Spinat
1 große Karotte
2 Frühlingszwiebeln
Gekochter Zuckermais (aus Dose oder Glas)
2-3 Kräuterseitlinge (oder andere Pilze: Enoki, Austernpilz)
100 g Soba-Nudeln (Buchweizen)
Eine Handvoll Sprossen (Mungbohnen, Alfalfa)
Zutaten Topping / nach Belieben
Chiliöl, weiße und schwarze Sesamsamen,
geriebener Ingwer, getrocknete Algenstreifen
Zubereitung: Crispy Tofu Ramen
- Tofu vorbereiten, da er etwas in der Marinade ziehen sollte: In mundgerechte Würfel schneiden und in Marinade aus Gochujang, Sojasoße und ggf. einem Schluck Wasser einlegen. Beiseitestellen.
- „Mise en Place“ aka Zutaten für die Suppeneinlage vorbereiten: Pak Choi je nach Größe längs vierteln oder teilen. Pilze längs in Streifen, Karotte(n) in kleine Stifte und Frühlingszwiebeln in Ringe schneiden, dabei den weißen und dunkelgrünen Teil separieren. Mais, Blattspinat, Sprossen und Toppings für die Suppe in kleinen Schüsseln für später bereitstellen.
- Als nächstes die Brühe: Knoblauch mit dem Messerrücken auf einem Brett zerdrücken, sodass die Schale sich leicht lösen lässt. Ingwer in Streifen schneiden. Shiitake und Algen abwiegen und alles zu 1,5l Gemüsebrühe geben (selbstgemacht, gekauft oder aus Pulver, no judgement). Misopaste, Tahin und helle Sojasoße hinzufügen und alles bei max. mittlerer Hitze und geschlossenem Deckel 10-15 min köcheln, aber nicht kochen lassen. Misopaste und Tahin reagieren empfindlich auf Hitze und flocken evtl. zu hart aus.
- Während die Brühe köchelt, die marinierten Tofuwürfel in Speisestärke wälzen. Die Stärke gibt ihnen in der Pfanne später eine knusprige Haut. Reichlich Bratöl in einer großen Pfanne gut erhitzen. Wenn das Öl heiß ist und beim Test Blasen schlägt können die Würfel in die Pfanne. Geduld beim Anbraten – erst umdrehen, wenn die Würfel sich gut vom Boden der Pfanne lösen lassen. Mittlere bis hohe Hitze. Nicht anbrennen lassen.
- Brühe und Tofuwürfel auf dem Herd, werden jetzt das Ei und die Nudeln gekocht. Ei sechs Minuten, die e Nudeln eine Minute kürzer als auf der Packungsanweisung bissfest kochen (meist 4-5 Minuten). Beides nach Ablauf der Kochzeit abgießen, etwas Nudelwasser im Topf lassen, sodass die Nudeln nicht zusammenkleben. Ei schälen. Nudeln und Ei beiseitestellen
- Die Brühe vom Herd nehmen und durch ein feines Sieb gießen. Algen, Pilze, Knoblauch und Ingwer bleiben im Sieb, die Brühe geht im Topf bei niedriger Hitze wieder auf den Herd. Der Brühe die weißen Frühlingszwiebeln und nach Geschmack feine Ingwerstreifen hinzufügen.
- Zuletzt das Gemüse kurz dämpfen: Pak Choi, Pilze, Spinat und Sprossen sollten kurz (2-3 Minuten) gedämpft werden, Karotten und Mais nicht. Ich mache das in einem mehrstufigen Dämpfer, man kann die Zutaten aber auch einzeln dämpfen, in Wasser, oder eben gleich in der Brühe kochen. Ich dämpfe die Sachen einzeln, weil ich es besser zum Servieren finde, als wenn alles zusammen in der Brühe schwimmt.
Finally: Gemüse und Nudeln sektionsweise in eine Schüssel schichten, mit einer Kelle Brühe über die Zutaten geben bis sie bedeckt sind, Tofu, jeweils ein halbes Ei und die grünen Frühlingszwiebeln auf die Brühe geben. Mit Toppings nach Belieben bestreuen und ein wenig Chiliöl drüber träufeln. Kimchi und Edamame dazu reichen. Dig in!
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