Wie würde man einen kleinen Laden mit hellblauem Fußboden wohl nennen? „Blaue Lagune“ klingt nach Abenteuer, Beach Partys und Filmdramen. Guter Versuch. Die „Blaue Perle“ ist auch schon vergeben. Dann denken wir einmal um die Ecke und bleiben bei avantgardistischen polnischen Künstlern mit dem Namen „KAZIMIR„. Das klingt genauso gehemnisvoll wie das Kreativbüro mit Secondhand-Laden auch ist. Ein wenig Abseits von der großen Karl-Heine-Straße versteckt sich auf dem „Secondhand-Highway“, wie die Mädchen sagen, das kleine Herzensstück von Vanessa, Birgit, Carle, Christin und Karoline. 5 Mädchen und 5 Ideen in den Köpfen. Vanessa vereint als Gründerin von KAZIMIR alle Konzepte, die man hier auf wenigen Quadratmetern entdecken kann. Irgendjemand muss schließlich immer den Hut aufhaben. Da nicht jeder allein in seinem eigenen Büro sitzen will und das Arbeiten von Zuhause auch nicht immer effektiv ist, legt man doch am besten alles zusammen. Es gibt doch nichts Schöneres als mit guten Freundinnen zusammen an einem großen Projekt zu arbeiten, abends im Innenhof noch ein Bier zu trinken und immer wieder Besuch zu bekommen, der kurz vom Fahrrad absteigt und am besten noch Pizza mitbringt. Treten Sie bitte ein!
Für das, wofür KAZIMIR steht, reicht längst nicht der Begriff von einem reinen „Secondhand-Laden“, in dem man sich durch die Tische und Stangen wühlt. Hier hängen neben völlig neuen Kleidungsstücken, liebevoll ausgewählte Schmuckstücke, die sich bis vor kurzem noch bei Mutti auf dem Dachboden, auf Flohmärkten oder im eigenen Kleiderschrank befunden haben. „Wenn wir neue Sachen von Zuhause mitbringen, dann schauen wir immer als erstes drüber. Davon geht bestimmt nur die Hälfte in den Laden, weil wir die Sachen selbst so cool finden“. Von daher sollte man schnell sein im KAZIMIR. Der richtig geile Scheiß bleibt nie lang im Laden. Auf den ersten Blick sind mir mindestens drei Sachen ins Auge gefallen, die ich am liebsten sofort mitgenommen hätte. Man weiß nicht nicht in welche Ecke das Auge zuerst hinsehen soll, weil überall absolute Blickfänger hängen und liegen. Goldene Taschen, ausgefallene Schuhe, Vintage-Sonnenbrille, Oh! Angebote, Glitzerschmuck, Regenjacken oder selbstgebastelte Ketten. Die Mischung aus neuen, alten und selbstgemachten Lieblingsstücken ist einfach unschlagbar und damit längst mehr als nur „second hand“.
Wir sitzen auf blauen Bänken vor dem Laden, schauen auf die schönen Altbauwohnungen in der Merseburger Straße. Birgit raucht und erzählt: „Plagwitz hat sich schon verändert. Allein im letzten Jahr. Vor zehn Jahren wollte hier keiner her, weils überall total gruselig aussah. Mittlerweile gibt es in Plagwitz kein einziges freies Haus mehr“. Das muss man sich erstmal vorstellen. KAZIMIR spürt den neuen Zustrom aber freut sich über Kunden von außerhalb: „Die Kunden haben Bock auf den Laden und können damit auch was anfangen“. Neugier war eben schon immer gut! Denn außerdem: Wer keine Lust auf Mode hat, kann sich auf der anderen Seite im Laden auch völlig ausleben und zwischen Illustrationen, selbstgemalten Kunstwerken, Grafiken und kleinen Einrichtungsgegenständen Geschenke für sich oder Freunde suchen.
Das Kreativbüro KAZIMIR lebt allerdings nicht nur von den vielen ausgestellten Kleidungsstücken, den selbsthergestellten Kunstwerken und der Lage im Westen, sondern viel von seinen fünf unterschiedlichen Köpfen, die sich alle in das Konzept mit einbringen. Sei es nun direkt vor Ort im Laden oder mit den Einflüssen aus den Nebenberufen. Vanessa steht da vorn an mit dem Grafikdesign Büro KAZIMIR und ihren Illustrationen. Ihre Pinselschwünge lassen sich zum Beispiel auch im befreundeten „Hostel & Garten Eden“ an den Decken begutachten. Da lohnt sich der Gang ins Mädchenbadezimmer. Am besten zusammen! Falls euch die Illustrationen von Karoline im Laden gefallen, dann kann man sich diese auch gleich praktisch tätowieren lassen. Denn Karoline arbeitet im Tattoo Studio „WORKERS INK“ und bastelt zudem niedliche Tierketten. Wer schon immer mal eine Dino-Kette haben wollte, wird hier fündig. Carle und Birgit kümmern sich um den vorderen Teil des Ladens und kennen sich auch bestens mit Textilien aus. Birgits Kleid ist übrigens aus zwei Herrenshirts selbstgenäht und wäre beinah noch am gleichen Tag über die Ladentheke gegangen. Dann wäre da noch Christin, die KAZIMIR mit kleinen Ausstellungsstücken und selbstdesignten Kunstwerken ausstattet. Es ist einfach an alles gedacht! Ohne große Absprachen, ohne Arbeitspläne und ohne Stress – einer ist immer da. Einer hat immer eine neue Idee. Termine? „Kein Problem, dann mach ich das“. Es funktioniert, weil alle den Arbeitsraum nutzen und KAZIMIR auch ziemlich cool finden.
„Wir finden unsere Sachen selbst schön und würden sie alle kaufen“.
Warum ich KAZIMIR mag? KAZIMIR bleibt als Ladenkonzept nicht starr, sondern verändert sich. Genau wie die fünf Einflüsse, von dem das Kreativbüro lebt. Ich wette, man verlässt die Türschwelle außerdem nie ohne einen Einkauf oder bleibt auf Straßenfesten und Flohmärkten immer am KAZIMIR-Tisch hängen. Die Mädchen sind sogar so lieb und würden euch direkt im Laden noch das Kleidungsstück eurer Wahl umnähen oder kürzen. Kommt vorbei und lasst euch von der blauen Lagune inspirieren. Pssht! Haltet die Ohren offen, wenn jemand im Laden von „Partys“ spricht. Die KAZIMIR-Gäng weiß nämlich wie man Pool-, Valentinstags-Knutsch- und Schlagerpartys schmeißt.
Was?
KAZIMIR. Mal anders einkaufen.
Wo?
Merseburger Straße 33, 04229 Leipzig.
Wann?
Mi-Fr: 14:00 – 19:00
Sa: 13:00 – 17:00
Weil?
Wegen Mädchengäng. Wegen einmal komplett ausgestattet mit neuem Lieblingspullover. Ketten von FlamingoCat. Vintage-Sonnenbrille. Grafiken fürs Zimmer und Tattoo auf dem Arm. Verrückt ist gut!
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