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man könnte sagen, dass man das stärker liebt, was man seltener sieht.

2 Kommentare

Endlich Sonntag. Endlich wieder die neue Rubrik. Für diese Texte sollte man sich eine Tasse Lieblingstee kochen und Zeit nehmen. Mädchen und Jungen im besten Alter, Mitte 20, schreiben ihre kleine Geschichten und Erfahrungen. Alles für die Liebe. Wir sitzen immer wieder zusammen und erzählen, tratschen, diskutieren, klopfen uns auf die Schultern, werden manchmal laut, halten Hände, träumen mit, ermutigen und schmunzeln. Worüber man eigentlich die meiste Zeit redet? Es sind immer die Herzensangelegenheiten. Manchmal frisst uns dieses ganze Gerede über Liebe und Glücklichsein auf. Wir sehnen uns. Wir teilen die Welt in: Vergeben und Single. Wir verlieben uns. Wir erleben Abenteuer. Wir machen Dinge, die man besser nicht machen sollte. Am besten gleich doppelt. Wir lachen mit. Wir sind traurig. Wir runzeln mit der Stirn und hinterfragen uns: Würde man selbst auch soweit gehen oder wie würde man in dieser Situation handeln? Es kann unglaublich spannend sein von diesen persönlichen und ehrlichen Gedanken zu lesen. Ich will diese sammeln. Aus den verschiedensten Städten und Perspektiven. Was bewegt dich? In erster Linie bat ich liebe Menschen aus meinem Umfeld aufzuschreiben, was für sie Herzensangelegenheiten waren oder immer noch sind. Die Absicht dahinter wirkt: “Du hattest Recht. Es hatte einen kleinen therapeutischen Effekt. Das hätte ich nicht gedacht”. Alle Texte bleiben, wenn man möchte anonym und zeigen nur einen Gefühlszustand zum Zeitpunkt des Schreibens. Möchtest du auch ein Gastautor in dieser Rubrik werden, dann schreib an: liebesbrief@annabelle-sagt.de. Es folgt eine…

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„Mein Kryptonit-Mann.

[Begriff siehe Amy& Pink.]

„Ein Jahr. Zwei, drei, vier, fünf, sechs Jahre. Unglaublich wie schnell die Zeit vergeht und eigentlich kann ich es gar nicht so richtig fassen, wie lange ich schon diese Gedanken vergeude. Gedanken an dich und an die immer wiederkehrende Frage, warum du es beendet hast. Ich war 17, jung, naiv und wollte Spaß nach einer Trennung. Eine Freundin kannte dich und ich hab dich einfach so aus dem nichts im Internet angeschrieben. Wir trafen uns und sind zu einem Weihnachtsmarkt gefahren. Du nahmst meine Hand, fuhrst mich heim und wir küssten uns. Du, 7 Jahre älter und nur am Wochenende Zuhause, und ich, nur Sex. Es vergingen Wochen, in denen ich deine Prinzessin war. Kino, Essen, Party und verdammt viel Leidenschaft. Es war geklärt – du und ich ganz unverbindlich. Doch dann brachst du Regeln. Du stelltest mich deinen Freunden vor, du holtest mich von der Schule ab – nur um Kaffee trinken zu gehen, weil du mich nochmal sehen wolltest vor deinem Urlaub, schicktest mir Bilder als du dort warst. So sehr ich es mir noch versuchte einzureden, ich musste doch mehr für dich sein. Das sprachen auch bald meine Freundinnen aus und sagten, dass ich mich doch emotional auf die Sache einlassen sollte. Ich tat es. Jung und naiv.

Jeder kennt diese Situation – und ja, ihr vermutet wahrscheinlich, wie es dann weiterging. Er meldete sich weniger, brachte jedes Wochenende die lächerlichsten Ausreden, kam nicht mehr zu mir. Ich konnte auch nie zu ihm. Bis er eines Abends bei ICQ (ohja, das gab es da noch) schrieb: „Für dich scheint es mehr zu sein, wir sollten das lassen.“ Nach 6 Monaten und 11 Wörtern einfach vorbei. Kein du und ich.

Es kamen neue Männer, doch mit jeder beendeten Affäre und Beziehung weinte ich auch wieder wegen ihm. Er hatte in der Zwischenzeit eine Freundin, ich musste es akzeptieren. Trotzdem plagten mich immer wieder dieselben Gedanke: War ich zu jung, war ich nicht attraktiv genug, konnte ich ihm sexuell nicht genug geben, war die andere einfach besser, hatte er kein Bauchkribbeln oder oder oder…. Oder steht er einfach nicht auf mich. Alles kein Problem – hätte er mir doch nur einmal aufrichtig ins Gesicht gesagt, was der Grund war. Meine Freundinnen konnten seinen Namen nicht mehr hören und ich hab die Gedanken nicht mehr ertragen. Irgendwann schloss ich mit der Sache ab: Einmal, zweimal, dreimal, unzählige Male.

3 Jahre später. Ich hatte ein komisches Bauchgefühl und schaute auf seine Facebook-Seite. Single. Das stand da. Einfach so. Und einfach so schrieb er mir. Und plötzlich war alles wieder da – er war wieder da. Ich hab gelitten und konnte doch nicht aufhören ihm zu schreiben. Er kam mich sogar besuchen – 400 km fuhr er für mich. Wie Robin bei ‚How I met your Mother‘ war ich der festen Überzeugung, dass ich nochmal mit ihm schlafen musste, um mit ihm abschließen zu können. Es kam nicht dazu. Er wollte unbedingt auf der Couch schlafen. Ich war verwirrt – was sollte diese Aktion? Die naheliegende Antwort wäre natürlich, dass er eine Freundschaft mit mir aufbauen wollte. Dafür sprachen wir zu wenig – nicht über alle Themen – andere Partner wurden stur aus jeder Unterhaltung rausgehalten. Sex wollte er auch nicht. Wieder einmal keine Antwort. Wir schrieben noch ein paar Tage, dann wieder Funkstille. Immer wieder gab es die nächsten Monate Situationen, in denen wir schrieben oder uns zufällig begegneten. Immer wieder liefen unsere Nachrichten auf Sex hinaus – jedes Mal hat er eine Stunde vor dem Treffen abgesagt. Jedes Mal dachte ich selbst: Mädchen, wie dumm bist du. Und hab bin doch immer wieder auf ihn und seine Nachrichten angesprungen. Ich kann nicht, nicht antworten. Bis heute nicht. Irgendwann gab es einen Moment, in dem ich mir sagte, dass ich mit dem Gedanken an ihn leben muss, es tut ja nicht mehr weh und dann soll er einfach ein Mann bleiben, der in meinem Kopf wie ein Traummann erscheint. Doch dann passierte es letzten Sommer: Ich traf einen interessanten Mann und die Gedanken an meinen Kryptonit-Mann verblassten. Natürlich nicht lange, denn auch diese Beziehung endete. Und dann musste dieser eine Schwachpunkt – der Mensch, bei dem ich immer wieder schwach werde – ja unbedingt wieder in mein Leben treten. Ich schrieb ihm – ich stande doch nun über der Sache. Wir schrieben kurz – belanglos. Das erste Mal stieg er von seinem Thron, das erste Mal erkannte ich, dass es tollere Männer gibt. Natürlich nicht lange.

„… ist nach Leipzig gezogen“. Er schreibt wieder. Er schafft es wieder mich aus dem Konzept zu bringen. Ich schreibe erst nicht zurück. Auf eine derart belanglose und unverbindliche Nachricht sollte ich nicht antworten. Aber ich will Antworten. Nach diesen ganzen Jahren. Will ich das wirklich? Ich bin verwirrt und traurig. Wir schreiben und kommen auf die Idee, zusammen Gin Tonic zu trinken in Leipzig. Er will wieder zu mir kommen. Warum? Alle Freunde und Freundinnen sagen dazu nur noch „nein“. Ich warte ab, in der Hoffnung, dass er absagt. Dann muss ich wenigstens nicht zu meinen Gefühlen stehen, wie die letzten 6 Jahre, denn ich hab ja immer gesagt, dass es mir nichts ausgemacht hat. Zumindest vor ihm. Wie sollte ich ihm sagen, dass er nicht kommen kann, weil es mir weh tut, dass mich sein Besuch wieder für Wochen zurückwerfen wird. Oder vielleicht wird es ja auch toll und er verliebt sich endlich unsterblich in mich! Damals war ich 17, wohnte Zuhause, absolvierte gerade mein Abitur. Wenige Monate später zog ich aus und stand mit frischen und süßen 18 Jahren auf eigenen Beinen. Ich entwickelte mich weiter, doch sobald ich vor ihm stehe, ist nichts von mir als Frau zu sehen – er steht vor mir und ich werde zu dem 17-jähigen Mädchen von früher. Wenn mir diese Geschichte jemand anderes erzählen würde… ich würde mit Unverständnis regieren. Warum gibt es solche Menschen, die jede noch so tolle Frau völlig aus der Bahn werfen, so tough und stark, emanzipiert, selbstständig sie auch sein mag. Ganz klar muss das eine Art von Masochismus sein – als würde man immer wieder die Hand auf eine heiße Herdplatte legen, ohne schlauer zu werden.

Nur noch einmal lass ich mich darauf ein, damit er sieht, dass ich eine Frau bin – in der Stadt, die ich liebe, in meiner eigenen Wohnung, mit meiner Katze, meinem Auto, meinen ganzen Erfahrungen aus Jobs und Städten, aus Urlauben und vergangenen Beziehungen. Nur einmal will ich ihm zeigen, wie ich wirklich bin. Und ich flehe mich selbst an, dass es ausschließlich dem Zweck dient, endlich erhobenen Hauptes aus der Sache hinauszugehen oder endlich zu merken, dass die Person, der ich seit Jahren hinterher trauere, doch nur eine Illusion ist – ein Mann der nur in meinen Gedanken existiert.“

abgelegt unter herzensangelegenheit

Kommentare

  1. July July sagt:

    Hi Selma,

    verrückt, ich hab nach 3 Jahren mal wieder an meine Texte gedacht, gesucht und deinen Kommentar gelesen.
    Ich könnte es spannend machen und sagen: lies einfach noch die 4 weiteren Beiträge in „herzensangelegenheiten“. :) Es ging allerdings noch weiter…

    In meinem Fall hat’s nicht geklappt. Er hat sich verliebt – nicht in mich. Das war eine richtig böse Geschichte, die er dann noch abgezogen hat. Als ich die ganze Wahrheit erfahren habe, habe ich ihn soweit es geht aus meinem Leben gestrichen. In der Zwischenzeit ist er wieder Single und ich denke ab und an noch an ihn. Aber es tut nicht mehr – zumindest solange ich nicht genauer an den Sommer 2015 denke.

    Ich hoffe, du hattest in der Zwischenzeit mehr Glück. Ich würde mich freuen, ebenfalls von dir zu hören, wie es gelaufen ist.

    Liebe Grüße
    die „Unbekannte“

  2. Selma Selma sagt:

    Liebe Unbekannte. Da ich mich in einer sehr ähnlichen Situation befinde habe ich deinen Artikel mit noch mehr Spannung gelesen und nun lässt mir eine Frage keine Ruhe: Wie ist es ausgegangen? Konntest du erhobenen Hauptes aus der „Sache“ aussteigen? Hat er sich ebenfalls verliebt?

    Eine Antwort würde mich sehr freuen :)

    Liebe Grüsse
    eine Leidensgenossin