Denk ich an dieses Jahr, dann fühlt es sich zu Recht viel zu lang an. Die gigantischen Schneemassen im Februar? Pizzen liefern im März? Waffeln essen im Garten, weil ein Großteil der Cafés geschlossen hatte? Ostern im Lockdown? Release Partys im strömenden Regen? Passierte das nicht längst alles im Jahr zuvor? Ich kann mich kaum noch an alles erinnern. Nur an den viel zu kurzen Sommer und an die Zeit, die ab August auf Konzerten, kleinen Festivals, viel zu wenig Partys und kleinen Abenteuern außerhalb von Leipzig nur so raste. Bis jetzt. Es ist Dezember und wir treffen uns alle wieder in der Heimat. Wir spazieren an den Weihnachtsfeiertagen durch kleine Wälder inmitten von Chemnitz und befragen uns gegenseitig nach den schönsten Erinnerungen in diesem Jahr. Der Sommerurlaub liegt bei uns allen eindeutig hoch im Kurs – wir erinnern uns an ein Gefühl von Leichtigkeit, Aufatmen, Sonne im Gesicht und Freiheit. All das liegt weit zurück. Die Wochen vergingen und hinterließen trotz vielen produktiven Tagen, spannenden Projekten und vielen lieben Menschen, eine Mischung aus Tristesse und Monotonie (Nur ohne Südsee.) Stattdessen sprechen wir immer wieder von Einsamkeit, Ängsten, Überarbeitung, Beziehungen, die auf den Prüfstand gestellt werden und schwierigen Familienverhältnissen. Wir hinterfragen Freundschaften und vertiefen diese, die uns schon lang begleiten. Dieses Jahr sieht man uns allen an – spätestens, wenn man seinem gegenüber genau zuhört, wird es deutlich, dass jede*r kämpft. Oder wie L. sagt: „Ich habe das Gefühl, dass es gerade niemandem richtig gut geht“. Ich selbst spüre es auch. Den Druck, die wenigen kulturellen Ausflüchte, den fehlenden Ausbruch aus dem Alltag, die wenige Zeit für einen selbst, wächsende Ängste und der ständige Drang nach mehr. Am Ende haben wir dieses Loch mit Arbeit gefüllt und entfernen uns nur noch weiter von dem, was uns eigentlich gut tun würde. Passend zu diesen Gedanken blättere ich in meinem neuen Buch, das mir A. zu Weihnachten geschenkt hat. In „Ich denk, ich denk zu viel“ von Nina Kunz heißt es im Kapitel „WORKISM“ treffend: „Also habe ich mir für dieses Jahr etwas vorgenommen. Ich möchte dem Modell von Workism etwas entgegenhalten und die Anteile meiner Identität mehr würdigen, die nichts mit dem Job zu tun haben.“ – und dabei Dinge oder auch eigene Rollen würdigen, die uns außerhalb dessen ausmachen. Ein schöner Gedanke oder? Was fällt dir direkt ein? Vielleicht müssen wir auch erstmal auf die Suche danach gehen und herausfinden, was wir unserem ständigen Drang entgegensetzen.
Einen schönen Vorsatz für das kommende Jahr treffen wir an unserem letzten Arbeitstag in unserem Team: Jede*r von uns hat den Wunsch eine bereits bestehende Fähigkeit zu verbessern oder etwas Neues zu lernen. Etwas von dem alle auch profitieren können – sei es nur die Motivation sich neuen Reizen auszusetzen oder neugierig zu sein. Wir nehmen uns vor mehr aufeinander zu achten, gut zuzuhören, mutiger zu sein, uns kreativ mehr auszuleben und gut zu uns selbst zu sein – vielleicht der wichtigste Punkt. Am Ende jeden Jahres scrolle ich durch meine Fotos und bleibe oft schmunzelnd hängen. Ist das wirklich alles in diesem Jahr passiert, denke ich mir und sehe: Schnee an Neujahr. Lange Spaziergänge. Selbsternannte Mikroabenteuer im Umkreis von 15 Kilometern. Die ersten Cruffins in Leipzig. Plakatkampagnen, um die Leipziger Clubkultur zu unterstützen („Hey, da hängt dein Gesicht!“). Noch mehr Schnee und frische Loipen am Elsterkanal. 20 Grad im Februar. Ein Wochenende am Kahnsdorfer See. Unser neues WE RIDE LEIPZIG Büro. Ostern im Lockdown. Die erste (von drei) Impfung und kurzzeitig ein gutes Gefühl von Sicherheit und Aufatmen. Das erste FREITAG AB EINS Magazin. Drag Nights. Geburtstage im Lieblingscafé. Jede Menge Menschen auf Fahrrädern. Pizza Nights Zuhause. Über den Dächern der Stadt. Sich endlich wieder in die Arme schließen. Zum ersten Mal wieder in einem Restaurant essen gehen. Mit Oma auf gute Zeiten anstoßen. Sommer am See. Ein kleiner Ausflug zum Bodensee. Radtour nach Saale-Unstrut und direkt weiter nach Kiel. Der „Kiki Ball“ in den Pittlerwerken. Secret Dinner. Finally 32! Abhängen mit kleinen Knautschgesichtern in Berlin und Chemnitz. Koffer packen für den Sommerurlaub. Ab nach Paris und Nantes! Endlich wieder Disco! Think Festival. Spätsommerliche Geburtstage im Hinterhof. Eine Hochzeit im Spreewald. Tocotronic in Zwickau. Minigolf. Noch mehr Sonnenbrand am See. Montage in der Abendsonne mit Prosecco und guten Geschichten. Ein Tag am Geiseltalsee. Open Airs. Ein langes Wochenende in den Bergen von Traunstein. Gin Tonic an der Bar. Das zweite FREITAG AB EINS Magazin. Ein Geburtstagswochenende in Prag. Kleinmesse. Wieder ein Pflaster am Oberarm. Berlin. Ein Blumenstrauß, der glitzert und in Erinnerung bleibt. Plätzchen backen mit Oma. Stromern. Unzählige Klöße. Kurz wieder Schnee. Grüne Wiese. Feuerwerk. So verabschiedet sich das Jahr 2021. Wir haben aus dir gelernt und sind bereit. Come on 2022, be a good one!
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