Endlich Sonntag. Endlich wieder die neue Rubrik. Für diese Texte sollte man sich eine Tasse Tee kochen und Zeit nehmen. Mädchen und Jungen im besten Alter, Mitte 20, schreiben ihre kleine Geschichten und Erfahrungen. Alles für die Liebe. Wir sitzen immer wieder zusammen und erzählen, tratschen, diskutieren, klopfen uns auf die Schultern, werden manchmal laut, halten Hände, träumen mit, ermutigen und schmunzeln. Worüber man eigentlich die meiste Zeit redet? Es sind immer die Herzensangelegenheiten. Manchmal frisst uns dieses ganze Gerede über Liebe und Glücklichsein auf. Wir sehnen uns. Wir teilen die Welt in: Vergeben und Single. Wir verlieben uns. Wir erleben Abenteuer. Wir machen Dinge, die man besser nicht machen sollte. Am besten gleich doppelt. Wir lachen mit. Wir sind traurig. Wir runzeln mit der Stirn und hinterfragen uns: Würde man selbst auch soweit gehen oder wie würde man in dieser Situation handeln? Es kann unglaublich spannend sein von diesen persönlichen und ehrlichen Gedanken zu lesen. Ich will diese sammeln. Aus den verschiedensten Städten und Perspektiven. Was bewegt dich? In erster Linie bat ich liebe Menschen aus meinem Umfeld aufzuschreiben, was für sie Herzensangelegenheiten waren oder immer noch sind. Die Absicht dahinter wirkt: “Du hattest Recht. Es hatte einen kleinen therapeutischen Effekt. Das hätte ich nicht gedacht”. Alle Texte bleiben, wenn man möchte anonym und zeigen nur einen Gefühlszustand zum Zeitpunkt des Schreibens. Möchtest du auch ein Gastautor in dieser Rubrik werden, dann schreib an: liebesbrief@annabelle-sagt.de. Es folgt eine…

„Diagnose: Der Körper gibt ein Zeichen, wenn er sich überlastet fühlt. „Aber eigentlich geht es mir gut“. „Wie sieht denn ihr Alltag so aus?“, fragt die Ärztin, nachdem ich ihr von den immer wiederkehrenden Bauchschmerzen berichtet habe. Ich überlege kurz. Unregelmäßig. Ziemlich unterschiedlich. Aber meistens ist viel los und man steht eigentlich immer unter Strom. „Sehen Sie. Medizinisch ist alles in Ordnung aber da sagt ihnen wohl der Kopf, dass irgendwas zu viel ist“. Daran denkt man immer zuletzt: Wenn es dem Kopf zu viel wird.

Uns geht es allen gut. Sehr gut. Damit meine ich die Menschen, die in meinem Umfeld leben. Wir leben meistens über unsere Verhältnisse und denken viel zu selten daran, welches Glück wir damit haben und wollen immer noch mehr. Wir sind ziemlich privilegiert aufgewachsen, gehen in unseren Mittzwanzigern fleißig arbeiten, verdienen unser eigenes Geld, verreisen, erfüllen uns Wünsche schnell über das Internet, führen weitgehend ein glückliches Leben und sind zufrieden mit dem Menschen, der uns im Spiegel ansieht. Das kann ich so unterschreiben. Aber was zur Hölle stresst dich dann? Ich selbst. Dafür brauchen wir nicht mal lange Arbeitstage, Freunde, Familie, Haustiere oder Hobbys – dafür reichen wir mit Vorstellungen und Erwartungen an uns selbst schon aus. Unter Zeitdruck und Stress kann ich gut arbeiten aber ich verkrafte ihn nicht. Ich bin effektiv, ideenreich und pünktlich – aber irgendwann macht sich der Körper wieder bemerkbar und sagt: Komm mal runter. Da helfen auch keine guten Vorsätze wie „Einfach mal früher anfangen“ oder „Organisiere dich!“. Ein halbes Jahr später: Es hat sich nichts geändert. Struktur ist wichtig, funktioniert aber nicht so einfach. Im Gegenteil: Ich sträube mich gegen sie. Struktur klingt nach den immer gleichen Routinen und langweiligen Vorgaben. Und vor allem nach Verzicht. Ich will auf nichts verzichten, nichts auslassen oder an Erlebnissen missen. „Alles muss im Überfluss vorhanden sein, dann sind wir nie allein“. Struktur funktioniert in meinem Alltag nicht. Schichtarbeit, unregelmäßig freie Tage, in freien Minuten für den Blog schreiben, Freunde besuchen und manchmal gibt es diese Momente mit der Aufschrift „Einfach keine Lust“. Feste Zeiten gibt es eigentlich kaum, wenn sie nicht gerade im Arbeitsplan stehen. Alles andere passiert nach dem Prinzip: Worauf habe ich denn heute Lust? – und das ist eigentlich ganz schön, vor allem, weil es sich nie nach Stress anfühlt. Aber das Gefühl wird gefährlich, wenn man selbst keinen Schlussstrich ziehen kann. Der Tag hat nur 24 Stunden – daran sollte man auch mal wieder denken. Woher soll ich wissen, ob ich nächste Woche an dieser Facebook-Veranstaltung teilnehmen kann – wer weiß, was bis dahin alles noch passiert? Puh. Spaß beiseite. Irgendwann müssen wir lernen uns festzulegen und zu strukturieren. Aber nicht, weil es jemand von uns verlangt, sondern, weil wir es so wollen.

Was mir aber vielleicht schon helfen würde: Sich den Tag nicht immer voll zu packen, nicht immer alles an einem Tag schaffen und überall dabei sein zu wollen. Das funktioniert einfach nicht. Ein bisschen weniger „Ja“ sagen und stattdessen vorher in den Kalender schauen. Sich vielleicht auch am Abend vorher kurz hinsetzen und überlegen wie man seinen nächsten Tag gestalten kann. Ohne doppelte Wege, ohne vergessene Sachen und ohne Stress. Was man nicht schafft, wird einfach nicht mehr gemacht. Anstatt bis spät nachts arbeiten und sich alles immer und immer wieder durch den Kopf gehen zu lassen, lieber ein Buch in die Hand nehmen. Anstatt den Tag vollpacken und abgehetzt zu sein: Die wichtigen Dinge wahrnehmen und auf sich hören. Ein guter Punkt: Wieder besser auf sich aufpassen. Das sollte einem am Herzen liegen. Probieren kann man es ja.“