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das leipziger lifestyle magazin. ein hoch auf die kreativen dieser stadt!

but i like to keep some things to myself.

Endlich Sonntag. Endlich wieder die neue Rubrik. Für diese Texte sollte man sich eine Tasse Lieblingstee kochen und Zeit nehmen. Mädchen und Jungen im besten Alter, Mitte 20, schreiben ihre kleine Geschichten und Erfahrungen. Alles für die Liebe. Wir sitzen immer wieder zusammen und erzählen, tratschen, diskutieren, klopfen uns auf die Schultern, werden manchmal laut, halten Hände, träumen mit, ermutigen und schmunzeln. Worüber man eigentlich die meiste Zeit redet? Es sind immer die Herzensangelegenheiten. Manchmal frisst uns dieses ganze Gerede über Liebe und Glücklichsein auf. Wir sehnen uns. Wir teilen die Welt in: Vergeben und Single. Wir verlieben uns. Wir erleben Abenteuer. Wir machen Dinge, die man besser nicht machen sollte. Am besten gleich doppelt. Wir lachen mit. Wir sind traurig. Wir runzeln mit der Stirn und hinterfragen uns: Würde man selbst auch soweit gehen oder wie würde man in dieser Situation handeln? Es kann unglaublich spannend sein von diesen persönlichen und ehrlichen Gedanken zu lesen. Ich will diese sammeln. Aus den verschiedensten Städten und Perspektiven. Was bewegt dich? In erster Linie bat ich liebe Menschen aus meinem Umfeld aufzuschreiben, was für sie Herzensangelegenheiten waren oder immer noch sind. Die Absicht dahinter wirkt: “Du hattest Recht. Es hatte einen kleinen therapeutischen Effekt. Das hätte ich nicht gedacht”. Alle Texte bleiben, wenn man möchte anonym und zeigen nur einen Gefühlszustand zum Zeitpunkt des Schreibens. Möchtest du auch ein Gastautor in dieser Rubrik werden, dann schreib an: liebesbrief@annabelle-sagt.de. Es folgt eine… in Fortsetzung.

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„Mein Kryptonit. Die Fortsetzung.“

Du bist wieder da. Nach über sechs Jahren liegst du wieder neben mir. Ich bin so nervös, dass mein ganzer Körper angespannt ist. Bauch, Herz und Lungen ziehen sich zusammen – so sehr, dass es schmerzt. Aber ich bin so glücklich, wie lange nicht.

Wir hatten einen wunderschönen Abend – Kochen, Katzenvideos auf youtube, ein schlechter und ein guter Film, Mitternachtsspaziergang, gemeinsames Zubettgehen. Er liegt neben mir und ich kann nicht schlafen. Ich halte es nicht aus und küsse ihn – zu verlieren habe ich nichts. Er weist mich nicht ab, das ist schon mal schön, aber er ist verhalten. Wir fangen an zu reden und er sagt mir, dass er nicht will, dass etwas zwischen uns kaputt geht. Ich schau ihn an und traue mich endlich aufrichtig zu sein. Ich sage ihm, wie ich mich die letzten Jahre gefühlt habe, dass es nicht in Ordnung war, wie er mich abserviert und behandelt hat. Ich sage ihm, dass ich nicht weiterhin sein Beziehungs-Lückenfüller bin und das sicherlich nicht nochmal sechs Jahre mitmache. Also was soll schon kaputt gehen. Er ist nachdenklich und verwirrt. Er entschuldigt sich für alles und ist mit dieser „Abreibung“ überfordert. Ich habe meinen Stolz zurück – ein bisschen zumindest. Er denkt nach und sagt, dass er mich scheinbar auch nicht streichen konnte. So wie er diese Worte ausspricht, hasse ich ihn schon wieder, denn an solchen Sätzen hangelt man sich, wenn er mal wieder nicht antwortet oder abweisend ist… aber, aber, aber er hat doch gesagt, dass er mich auch nicht vergessen kann. Nun gut.

Es wird schon wieder hell und wir schlafen ein. Er hält mich die ganze Nacht im Arm. Das hat er früher nie gemacht.

Ich wache auf und da ist es wieder. Nach über sechs Jahren gibt es wieder ein Du und Ich. Du bist so schön, wie du neben mir liegst, mit all deinen Fehlern und Macken. Du wachst auf und schaust mich unnötig verliebt an. Der Tag wird noch schöner als der Tag zuvor. Wir bleiben den ganzen Tag im Bett, kein Hunger, keine Handys, nur du und ich. Nach ein paar Startschwierigkeiten ist es wie früher – nur noch besser. Über den ganzen Tag schaust du mich immer wieder an und schmunzelst über die ganze Geschichte. Deine Gedanken kannst du nicht in Worte fassen und überhaupt weißt du grad gar nicht, was du denkst. Spätestens als du mir nackt, mich im Arm haltend und meine Katze beobachtend sagst, dass es so unglaublich vertraut mit mir sei, ist es vorbei – ich stecke wieder viel zu tief in der Geschichte drin. In dem Moment war mir auch nicht klar, ob diese seltsame Vertrautheit, die ich schon an dem Tag zuvor gespürt hatte, gut oder schlecht für dich ist. Es wird Abend und du musst fahren. Wir machen Späße darüber, ob du dich jetzt wieder drei Jahre nicht meldest. Aber es fällt kein Wort darüber, wie es weitergeht.

Ich bin wie im Liebestaumel und fasse keinen klaren Gedanken. Am nächsten Tag ist das noch genauso. Einen Tag darauf kommt jedoch die pure Ernüchterung. Dieses Wochenende hat mir eigentlich nur bestätigt, was ich die letzten Jahre schon angenommen habe – er ist es. Bei keinem Mann habe ich jemals das gefühlt, was er in mir auslöst. Ich kenne ihn, er wird sich nicht in mich verlieben, er wird mir irgendwann sagen, dass das nicht funktioniert und die Gefühle nicht reichen. Den ganzen Tag stehe ich neben mir, er meldet sich nicht. Feierabend – ich habe mich wieder gefangen. Natürlich nicht lange. Von der einen auf die andere Minute steht meine Welt wieder Kopf. Ich habe eine Nachricht von ihm. Eine so schöne, dass mir auf Anhieb schlecht wird und mein Herz so sehr pocht, dass es weh tut. Ich beruhige mich und lese Wort für Wort. Vielleicht ist diese Nachricht so gemeint, wie sie da steht. Dafür ist sie aber zu überlegt und ausgeschmückt, als das sie einfach mal nebenbei geschrieben wurde. Die Nachricht scheint gleichermaßen feige, absichtlich distanziert und doch so verliebt. Stundenlang suche ich nach den richtigen Worten – ich finde keine und schreibe ihm derart belanglos zurück, dass ich mich am nächsten Tag schon darüber ärgere. In ca. zwei Wochen haben wir wieder die Möglichkeit uns zu sehen. Ich muss ihn sehen. Ich muss ihn fragen, was jetzt ist. Ich würde ihn gerne vor die Wahl stellen: Ganz oder gar nicht. Leider kenne ich ihn zu gut und weiß, dass er wegrennen würde. Ich musste bei unserer Reunion feststellen, dass ich geworden bin wie er. Ich behandle Männer jetzt, wie er mich damals behandelt hat. Ich habe Sex wie er. Er scheint mich noch mehr geprägt zu haben, als ich es geahnt hatte. Trotzdem brauche ich eine klare Antwort – entweder wir versuchen es ernsthaft oder ich muss mich vollkommen zurückziehen. Ich kann das nicht nochmal durchstehen.

Im Zuge dieser ganzen Geschichte, hat sich mir eine Frage gestellt: Was ist, wenn man diesen Einen gefunden hat, man aber nicht die Richtige für ihn ist? Ist er dann trotzdem Mr. Right? Lebt man dann einfach mit dem Gedanken? Sucht man sich einen anderen Mann oder bleibt man einfach alleine? Wie tragisch ist der Gedanke, dass zwei Menschen, die scheinbar nicht voneinander lassen können, nicht zusammenfinden. Wenn etwas nach so vielen Jahren noch aktuell ist, dann muss da doch was sein.

Was nun? Ich habe keine Ahnung. Ich habe wieder keine Antworten. Im Gegenteil, es hat noch mehr Fragen aufgeworfen. Aber zumindest habe ich ihn erstmal wieder in meinem Leben. Ein Freund sagt, dass ich ihn mir schnappen soll, weil er sich nie trauen wird und einfach nicht checkt, wie stark meine Gefühle sind. Obwohl ich die letzten Jahre so viel Zeit und Gedanken an ihn verschwendet habe, war mir das auch nicht in diesem Ausmaß bewusst. Ich versuche pragmatisch zu bleiben und versuche wenigstens an seine schlechten Seiten und die ungünstigen Rahmenbedingungen zu denken. Trotzdem muss ich jedes Mal mit Angst feststellen, dass da immer wieder dieser kleine Funke Hoffnung auftaucht, dass es doch ein Happy End gibt. Ich kann mich immer ganz gut auf mein Bauchgefühl und meine weibliche Intuition verlassen – und die sagen: ‚Den heirate ich… er muss nur endlich einsehen, dass ich die Richtige für ihn bin‘.

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