Es ist Montag. Wir sitzen noch lang draußen, feiern den 30. Geburtstag einer lieben Freundin, bestellen uns Weinschorle und erst zu Hause merke ich, was in den vergangenen Stunden in den Straßen meiner Heimatstadt los war. Ein Mensch stirbt und jedem schlägt purer Hass ins Gesicht, der nicht ins erdachte Schema passt. Als hätte man genau auf so einen Moment gewartet. Du siehst anders aus? Du sprichst eine andere Sprache? Du lebst nach einer uns nicht vertrauten Kultur? Dann hast du hier nichts verloren. Aber wahrscheinlich würden es diese Arschgeigen, die plötzlich alle aus ihren Kellerlöchern gekrochen kommen, in ganz andere Worte verpacken. Mir laufen die Tränen über das Gesicht als ich anfange mir die Videos und Berichte der letzten Tage anzusehen. Ich schreibe mit Freunden von früher, die mittlerweile verteilt in ganz Deutschland leben. Ihnen geht es ähnlich. Und alles vor der Kulisse, die wir ganz anders in Erinnerung haben. „Na, was issn da bei dir in Chemnitz los?“, höre ich von da an ständig. Die pöpelnden Neonazis habe ich mir um Himmels Willen nicht ausgesucht und wünsche sie auch keiner anderen Stadt. Dass das nicht das Gesamtbild von Chemnitz ist, weiß ich. Sie kommen von überall her. Dieses Denken, das sie mit dem gestreckten rechten Arm, nationalsozialistischer Symbolik, Aufmärschen und Hetzjagd verbreiten wollen, lauert überall und macht vor Städtegrenzen nicht halt. Mich lässt es in dieser Woche nicht los. Aber ich weiß, dass sich genügend Menschen, wie auch ich, immer dagegen stellen werden und für Offenheit, Freiheit, Respekt voreinander und ein Miteinander stehen.
Alles wird gut, schreibt ein Freund. Hass wird sich nicht durchsetzen. Die letzten warmen Sonnenstrahlen wärmen mein Gesicht. Draußen am See scheint alles unglaublich friedlich und ruhig. Jeder genießt den letzten Sommertag und blickt Richtung Sonnenuntergang. Auf uns warten große Aufgaben in dieser Woche, denn wir wollen selbst Teil einer Bewegung sein und für etwas Gutes einstehen. Drei Paletten stehen vor uns. 3000 Magazine sind so eben angekommen und warten auf uns. Ganz vorsichtig und aufgeregt zerreißen wir den ersten Karton. Das dritte WE RIDE LEIPZIG Magazin liegt sprachlos in unseren Händen. „Wie geil!“ – mehr fällt uns nicht ein. Jede einzelne Seite ist einzigartig. Wir blättern vor und zurück. Vom Vierjährigen, der noch nicht wusste, dass er Radfahren kann bis zum Rentner, der nicht ohne die tägliche Dosis von 20km im Sattel auskommt, ist ein kleiner Querschnitt durch Leipzig festgehalten. Welches Rad jeder dabei fährt, ist egal. Zur Leipziger Radnacht bekommen 250 Magazine ein neues Zuhause. Allein schon für den Anblick zur Ankunft im Zielbereich lohnt sich die Radnacht. Der Park ist dunkel und über 2000 Lichter blitzen auf. Klingelgeräusche und eine abgesperrte Innenstadt laden zur 10km langen Fahrt ein. Der perfekte Start für das Leipziger STADTRADELN vom 31. August bis 20. September. Für uns ein langer Tag, den wir mit belegten Crostini und Limonade bei Backstein und einem Bier im Café DAS KAPITAL beenden. Jetzt geht es erst richtig los…
Die Kisten sind gepackt und stehen vor der Haustür. Umzüge, juhu! Genau mein Ding. Aber schließlich ist es für einen guten Zweck, denn aus zwei Wohnungen wird nun endlich eine. Bye bye Südvorstadt und hallo Osten! Die letzten Jahren werden aus dem 4. Stock wieder bis ganz nach oben geschleppt. „Oh Gott, ich kann nicht mehr“, stöhnen wir alle im Treppenhaus. Jetzt hilft nur noch eine Kette zu bilden und die Aussicht auf Mettbrötchen. „Geil, jetzt könnte ich gleich weiter machen!“ Wenn alles oben angekommen ist, packen wir den Sekt und die ABBA Musik aus. Cheers, auf euch! Auf die neue Wohnung. Ach und auf deinen Geburtstag, mein Bester! Kurzer Blick auf die Uhr: Die MONUMENTA in Wahren wartet und ein Kuchen für Abend muss gebacken werden. Allez, Hutschi! Beinah hätten wir das Fahrradschloss nicht aufbekommen und der Kuchen wäre nicht fest geworden. Das Geburtstagskind wartet. Also Kochhandschuh anziehen und los! Der Fahrtwind kühlt. Nach dem ersten Gin Tonic merken wir schon: Oh oh, der Tag hatte es ganz schön in sich. Lang halten wir nicht durch. Aber so ein Absacker im renkli? Das wär doch was oder? Plötzlich sind alle Ladies wieder munter. „Aber nur ein Glas!“ Nun, wer das im renkli schafft, soll sich bitte melden. Es sind genau drei Plätze an der Bar für uns frei und der Wein schmeckt hervorragend. „Was schon 3 Uhr?“ Mist. Kichernd rollen wir nach Hause. Was für ein Tag! Ich freu mich schon auf den Muskelkater ab nächster Woche…
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