Ganz ehrlich. Hand aufs Herz. Darauf haben wir uns in diesem Monat wirklich sehr gefreut. Eine kleine Reise nach Hannover. Wir erstmal so: Hannover? Wo liegt das eigentlich auf der Landkarte? Ist das nicht sogar eine bedeutende Hansestadt im Norden? Nun gut, was noch nicht ist, kann ja noch werden. Immerhin lernen wir schnell während unserer Reisevorbereitungen, dass es sich bei unserem Wochenendziel um die Leipziger Partnerstadt mit ungefähr 524.000 Einwohnern handelt. Warum ausgerechnet Hannover, schaut mich meine Reisebegleitung fragend an. Da Paul McCartney sein einziges Konzert in Deutschland absagte und Hotels in der derzeitigen Situation ihre Übernachtungen nicht stornieren, musste ein Kompromiss gefunden werden, der da heißt: Dann fahren wir eben einfach so und schauen mal was passiert. Nach einer kleinen Überraschungsparty auf dem Balkon für einen lieben Freund am Vorabend geht es endlich los. Zum ersten Mal nach über drei Monaten sitzen wir wieder in einer Regionalbahn auf dem Weg zu einem kleinen Abenteuer. Aufgeregt? Oh ja, so unspannend das Ziel auch klingen mag aber wir freuen uns darauf endlich mal andere Straßenzüge zu sehen, neue Cafés zu entdecken und aus dem Alltag auszubrechen! Darauf erstmal ein cin cin!
Unser erster Weg in der neuen Stadt führt uns direkt in den Swapfiets-Store, denn hier warten unsere Drahtesel für die nächsten Tage auf uns. Standesgemäß wollen wir Hannover natürlich auf dem Rad erkunden und verlieren uns sofort in Linden-Limmer. Wir radeln dem italienischen Bistro „Marra Pizzeria Napoli“ direkt in die Arme und stoßen mit italienischem Bier auf den ersten Abend, Schnurtelefone, ausgefüllte Corona-Informationszettel und ein wunderbares Dinner an. Für den nächsten Tag steht der Plan schon, denn wir wollen das brachliegende EXPO 2000 Gelände auf dem Messegelände erkunden und uns in die Zeit vor 20 Jahren versetzen lassen. Was muss das wohl für ein euphorisches Gefühl zur Weltausstellung gewesen sein? Einige Pavillons wie zum Beispiel der Expo-Wal stehen bis heute an ihrem Ort. Nach einer idyllischen Fahrt über den Grünen Ring erreichen wir die Mischung aus IKEA-Gewerbepark und einem „lost places“-Fotoband. Die ungenutzen, verfallenen Bauten wie der holländische, finnische oder auch litauische Pavillon stehen noch immer an ihrem Ort und zählen die Jahre. „Nature is healing. Baby rabbits returning“, schmunzeln wir beim Einblick der kleinen Hasenfamilie auf dem freien Gelände. Darüber hinaus passieren wir die HDI Arena, blicken auf den Maschsee, besuchen das zeitgenössische Sprengel-Museum, würden am liebsten bei Manufactum alles mitnehmen, bestaunen das Neue Rathaus, frühstücken vor der gemütlichen „Menagerie“, laufen durch die Altstadt, treffen immer wieder auf Kurt Schwitters und Niki de Saint-Phalle und retten uns vor dem Regen in den Herrenhäuser Gärten.
Ab und zu bleibt eine Tür direkt vor uns verschlossen, so auch vor den Sukkulenten-Gewächshäusern. Wir müssen lachen. „Urlaub in 2020 sind halt auch die Dinge, die man nicht gesehen hat“. Doch trotz der kleinen Einschränkungen sind wir mehr als glücklich über die vergangenen Stunden zu dritt und versuchen alle Highlights auf der Zugfahrt nochmal zusammenzufassen. Am Ende sind wir mehr als überrascht von Hannover und haben sogar richtig Gefallen an der Landeshauptstadt gefunden. Nur dieses maritime Konzept lässt uns keine Ruhe. Möwen am Maschsee? Postkartenverkäufer an der Promenade? Muschelketten statt portugiesischen Törtchen? Eine Eck-Kneipe für Ina Müller? Salzige Luft, passend zum Wind? Nun gut. Wir sind schon still. Schön war es! Auch ohne Paul. Vielleicht kommen wir sogar mal wieder…
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