„Das geht ja richtig ab in der Innenstadt“ – und damit sind nicht die Weihnachtsmarktbesucher, die mit Reisebussen bis direkt vor die Glühweinbude gefahren werden, gemeint. Wobei die Party mit den roten Mützen schon extrem nach Spaß aussieht. Tatsächlich fühlen wir uns in den letzten Wochen ein wenig großstädtischer, weil die Pop-Up-Kultur jetzt wohl zum guten Ton dazu gehört und langsam angekommen scheint. Was in anderen Städten schon seit Jahren funktioniert, trauen sich auch in Leipzig immer mehr. Für eine kurze Zeit in einen Laden ziehen, ihn schön gestalten, die Türen offen halten und sich der Öffentlichkeit mal auf eine ganz andere Art zu nähern oder, um endlich mal selbst zu erfahren, wie die Produkte eigentlich so ankommen. Nach einer kurzen Zeit verschwinden die Pop-Up-Stores dann immer wieder. Schade eigentlich, wenn man sie liebgewonnen hat und sich gewünscht hätte, dass genau so ein Laden für immer bleibt. Aber so ist das eben mit den schönen Dingen. „oh my deer“ ist genauso so ein Projekt. Eine solch schöne Boutique kann man sich noch bis zum 31.12. ansehen. Keine Angst, einfach die Tür aufmachen und vorbeischauen. Die Betreiberinnen Anne-Christin und Maria (wenn ihr beide erwischt, solltet ihr tatsächlich nicht vorbeilaufen, sondern euch schnell drinnen aufwärmen) freuen sich über vergnügte Gesichter.
Kennengelernt haben sich die zwei Power-Ladies auf eine der zahlreichen Einzelhändlermessen, die sich im Jahr für Designer und Textilinteressierte so ergeben und dann beschlossen gemeinsam das Projekt „Pop-Up Boutique“ umzusetzen. Immerhin keine schlechte Idee mit einer guten Freundin zusammen im gleichen Laden zu sitzen – mit unterschiedlichen Hintergründen aber dem gleichen Ziel. Um zu zeigen, dass nachhaltige Mode und Accessoires nicht vorurteilshaft nach Öko und Jutebeuteln aussehen müssen. Denn, wenn man sich die ausgestellten Stücke betrachtet, würde man niemals eine Boutique für SLOW FASHION vermuten, sondern eher einen skandinavischen Konzeptstore mit sexy Outfits. Neben den selbstdesignten Kollektionen von Maria Seifert, reihen sich die Lederdesigns von „Deepmello“ – für die Anne-Christin- verantwortlich ist, ein. Ab diesem Punkt der Geschichte wird es ein wenig verrückt – denn das Leder selbst zeichnet sich als Rhabarerleder aus. Ich muss immer noch die Nase rümpfen. Rhabarbar! Ja genau, dieses gruselige Gemüse, das man in Kuchen und Limonaden verarbeitet, wird hier zur nachhaltigen Lederherstellung verwendet, indem das Leder mit einem speziellen Extrakt aus der Rhabarberwurzel gegerbt wird und somit natürlich auf regional nachwachsende Rohstoffe zurückgreift. Fragt eure Großeltern! Die müssen nur in ihren Garten schauen. Das Rhababerleder zeichnet sich durch seine besondere Hautverträglichkeit, angenehmen Geruch, hohe Qualität und Griffigkeit aus. Wie man darauf kommt, in den Gemüsegarten zu greifen, erklärt sich dann auch leichter als gedacht. Denn Anne ist studierte Oecotrophologin und Spezialistin auf dem Gebiet der Aromastoffanalytik von Pflanzen. Von der Forschung zum eigenen kleinen Laden. Nicht schlecht oder? Dazu noch eine Designerin und Jungunternehmerin, die ebenfalls Wert auf nachhaltige und zeitlose Mode legt. Neben ihren eigenen Produkten präsentiert „oh my deer“ aber noch eine Reihe von anderen Konzepten, die die Betreiberinnen mehr als unterstützen wollen. Zum Beispiel die intensiven und feinen Aroma-Öle von Essenzia, Ketten mit Herz von SeeMe, Strickaccessoires von meinfrollein, Schmuckschalen von Fundamental.Berlin, Schuhe von Alina Schuerfeld und Seidenschals von kalakosh, die aus Stoffresten wieder zu einem Ganzen zusammengefügt werden. Es stehen hierbei nicht nur die Produkte selbst im Vordergrund, sondern auch ihr regionaler oder eben sozialer Anspruch. Mein persönliches Lieblingsgeschenk, das ich sofort für Weihnachten in den großen Sack stecken würde: Die kupferfarbenen oder goldenen Schmuckschalen von Fundamental.Berlin.
Was?
oh my deer – THE SLOW FASHION BOUTIQUE von Maria Seifert und Deepmello.
Wann?
Vom 20.11.-31.12.2015.
Mo-Sa: 10-20Uhr. An verkaufsoffenen Sonntagen ist auch geöffnet.
Wo?
Schuhmachergässchen 2, Leipzig.
Warum?
Wegen nachhaltiger Mode, verrückten Rhabarbergeschichten, Sekt und der vorerst einzigen Möglichkeit Anne-Christin und Maria mal live in eigenen vier Wänden zu erleben, denn sonst bleibt alles bei den bisherigen Online-Shops.
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