Vor wenigen Wochen begann mein Text mit dem Titel „it’s gonna be a hot summer“ – eigentlich handelte dieser Text davon, dass es viel zu selten regnet und der Blick nach draußen – außerhalb unserer Sommerblase – ganz schön verstörend ist. Er lautete wie folgt: „Am Donnerstag in dieser Woche hat es zum ersten Mal seit Wochen länger als drei Minuten geregnet – nicht nur die Blümchen auf dem Balkon freuen sich, sondern auch der Lene-Voigt-Park und die verbrannten steppenartigen Wiesen am Cossi, die sich auf ein wichtiges Wochenende mit dem „Think Festival“ vorbereiten. Dazwischen fühlt sich der Sommer trotzdem anders als sonst an. Oder wie die Leipziger Illustratorin „Slinga“ schrieb: It’s ok to be sad in the summer. Trotz Sommer, Sonne und Eiskaffee prallen viele besorgniserregende Themen auf uns ein. Es ist noch immer Corona, noch immer Krieg in Europa, wir steuern straight auf eine Klimakrise zu und eins der einflussreichsten Länder der Welt entscheidet sich gegen die Rechte von Frauen. Und das ist längst nicht alles. Nicht alle Themen betreffen uns unmittelbar. Bei nicht allen Brennpunkten wird uns das Ausmaß dessen direkt bewusst. Selbst im „Schnellbuffet Süd“ wird am Nachbartisch zwischen Schnitzel und Spinat über Gasspeicher und den kommenden Winter diskutiert – der noch weit weg zu sein scheint. Wir haben aktuell noch immer die Wahl, ob wir unser Smartphone in den Flugmodus stellen oder bestimmte Themen einfach meiden, in dem wir zum Beispiel keine Nachrichten mehr konsumieren.
Wir alle haben uns einen lauten, bunten und schönen Sommer nach mehr als drei Jahren Pandemie mehr als verdient – doch den haben sich alle Menschen gleichermaßen verdient. Wir dürfen die globalen Themen nicht von der Agenda streichen und weghören. It’s ok to be sad in the summer. It’s ok, wenn wir uns mal zurückziehen und Ruhe brauchen. It’s ok, wenn wir betrunken nach einer schönen Party nach Hause torkeln. It’s ok, wenn wir aufeinander achten und die großen allumfassenden Aufgaben nicht sich selbst überlassen. It’s ok einmal mehr aufs Rad zu steigen und die kleinen Dinge zu genießen.“ Es hat sich nichts daran geändert. Im Gegenteil. Mittlerweile ist der Sommer so hot geworden, dass flächendeckende Waldbrände in der Böhmischen als auch in der Sächsischen Schweiz ausgebrochen sind. Hinzu kommt der Fakt, dass am heutigen Tag alle biologischen Ressourcen der Erde verbraucht sind. Starker Tobak. It’s ok to panic, könnte ich an dieser Stelle auch einwerfen. Und dennoch – oder auch gerade genau deswegen – zieht der unbeschwerte, leichte Teil des Sommers einfach an uns vorbei. Wir liegen am See, wir zeichnen Linien mit Mayo, wir trinken Sekt an unseren liebsten Plätzen, wir tanzen ausgelassen unter Weintrauben, wir werden 33, wir verreisen an die schönsten Orte, wir sind glücklich, wir sind uns nah und wir vergessen. Ich wünschte, wir könnten ewig damit weitermachen. Denn es fühlt sich nichts schöner an als einen langen Sommer zu verleben. Manchmal frage ich mich, ob wir uns irgendwann an diesen Moment, genau jetzt, an diese Jahre schwermütig erinnern und uns fragen: Was hat uns bloß so ruiniert? Mit „uns“ meine ich übrigens etwas Größeres als jede einzelne Person, die dafür sorgt, dass wir niemals aufhören müssten zu träumen. Wird uns irgendwann alles einholen? Ich mag den Sommer sehr und sauge jeden noch so kleinen, schönen Moment auf. Ich bin sehr dankbar dafür. Für diese kleinen Augenblicke. Die hätten sich auch von Regen nicht stören lassen…
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