Ich kann mein Leben als „single woman“ lieben wie ich will, aber es gibt Termine im Jahr, die all das aus dem Gleichgewicht bringen und die ich aus dieser Perspektive so sehr mag wie eine akute Nasennebenhöhlenentzündung. Weil mir dann schmerzlich bewusst wird, dass ich eben kein Teil eines Pärchens bin und das vielleicht doch blöder ist, als es mir im busy Alltag so auffällt. Die Dreifaltigkeit of Shit heißen Valentinstag, Weihnachten und Hochzeiten. Da kann ich mir selbst noch so sehr genug sein, aber die drei kriegen mich. Immer. Valentinstag nicht so sehr wegen der Rosen, Schokolade und romantischen Dinner im Candlelight, sondern viel mehr, weil es niemanden gibt, mit dem ich beschließen kann, dass das alles Quatsch ist und sowieso nur Kommerz und mich gegen Rosen, Schokolade und Dinner im Kerzenschein entscheiden. Aber eben gemeinsam. Weihnachten, weil eben Weihnachten. Und, weil die Frage kommt, was denn die Liebe so mache. Ganz ehrlich, ich habe keine Ahnung, was die macht. Ob sie grad an der Steuererklärung sitzt oder ihren Börsenstart plant. Ob sie verkatert im Bett liegt oder Marmelade kocht. In jedem Fall ist sie ein umtriebiges, kompliziertes und wankelmütiges Biest. Meine Meinung.
Während ich mich in Sachen Liebe von einer kostenlosen Probemitgliedschaften mit kurzer Kündigungsfrist zur nächsten hangele, scheint mein Umfeld Langzeitverträge abgeschlossen zu haben. Das hat zur Folge, dass die Hochzeitsglocken in zuverlässiger Regelmäßigkeit und in immer kürzeren Abständen läuten. Hochzeiten sind das emotionale Waterloo für Singles. Auch, wenn ich bislang nie alleine am Singletisch sitzen musste, spätestens wenn der Fotograf “Und jetzt das Brautpaar und alle Pärchen” ruft, steht man da. Alleine. Neben verwitweten Großeltern und Kleinkindern. Ich gönne jedem das persönliche Liebesglück und freue mich für alle Lovebirds um mich herum. Aber ich bin neidisch. So, jetzt ist es raus. Ich atme beim Schreiben dieser Zeilen vor Panik in eine Tüte, das so am Rande. Mein Neid ist auf jeden Fall von Missgunst zu unterscheiden, ich hab das auch extra nachgelesen und möchte das doppelt und mit Edding unterstreichen. Auf der letzten Hochzeit gab es drei Singles: Meine Oma, mein kleiner Neffe und mich.
Meine Oma war 55 Jahre sehr, sehr glücklich mit meinem Opa verheiratet. Das schaffe ich vermutlich nicht mal, selbst, wenn ich morgen direkt vor den Altar ziehen würde. Mein kleiner Neffe hat von seiner Freundin aus der Grundschule zum Valentinstag ein selbstgeschmiedetes Herz geschenkt bekommen. Vermutlich ist auch er bereits weg vom Markt. Zusehen wie ein Bräutigam aufgeregt und mit Tränen in den Augen auf seine Braut wartet, lässt mir das Herz aufgehen, gerade wenn der Bräutigam der eigene Bruder ist, der später zu seiner Frau sagt, dass sie die Liebe seines Lebens ist. Aber es sticht auch, das kleine Herz. Weil es in meinem Leben niemanden gibt, bei dem ich so viel Herzklopfen verursache und andersrum. In der Tischrede nach der Trauung wird dann das Geheimnis einer erfolgreichen Beziehung gelüftet: Die Bereitschaft, dem anderen jeden Tag die Sterne vom Himmel holen zu wollen. In meinem Leben gibt es eine Person, die für das Holen verschiedenster Dinge, einschließlich glühender Himmelskörper zuständig ist und das bin ich. Mittlerweile selbst bei Sternen ziemlich erfolgreich. Es wäre nur jetzt auch mal schön, wenn sich da zur Abwechslung mal jemand anders drum kümmern würde.
Es gibt wenige Momente, an denen ich mich einsam fühle, wenn ich alleine bin. Hochzeiten schaffen es, dass ich mich inmitten einer Feiergesellschaft einsamer als ein (Fügt hier ein Tier ein, das alleine lebt. Ich bin zu müde zum Googlen.) fühle. Man könnte jetzt sagen, dass es ja bei Hochzeiten anderer Menschen ja nicht um meine Emotionen geht, weil es der Tag des Brautpaars ist und nicht meiner (Das ist ja das Problem, verdammt.). Man könnte jetzt sagen, dass ich die Hochzeiten als Inspiration für meine eigene nehmen könnte und, dass Vorfreude immer noch die schönste Freude ist. Könnte man. Kann man aber auch gut lassen, denn manchmal ist es auch ganz schön eine Flasche Sekt zu köpfen, eine große Packung Selbstmitleid ins Badewasser zu kippen und ausgiebig darin zu baden. Und dann wenn die Finger ganz schrumpelig sind, die Flasche Sekt ausgetrunken ist und sich all der schöne, romantische Schaum aufgelöst hat, steigt man aus der Wanne und freut sich, dass man mitten in der Nacht kalte Nudeln direkt aus dem Topf essen kann, ohne sich dafür schämen zu müssen. Und dann kommt sie, die nächste Einladung und mit ihr trotzdem die Freude. Die High Heels stehen sowieso bereit.
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