Wer braucht schon eine Sonnenbrille, wenn er doch die Gummistiefel und den Regenschirm wieder auspacken kann? Ach März. Dauerregen. Noch mehr Schnee. Eiskalte Nächte und matschige Straßen. Der Himmel bleibt einfach grau und gibt uns einen guten Grund, um uns in den tropischen Gewächshäusern des Botanischen Gartens der Universität Leipzig für einen Vormittag lang mit Gummibärchen, Kamera, einem schicken Bambus-Fahrrad und Mann mit pinken Socken zu verstecken. Das Klima stimmt immerhin und trotz wenig Sonnenlicht flattern Schwalbenschwänze, Passionsblumenfalter, Monarchfalter und Baumnymphen nur so durch die Gegend! Dass es nicht nur bei einem Besuch im Schmetterlingshaus bleibt, versteht sich natürlich von selbst. Aber den wahren Grund für den Ausflug verraten wir erst Anfang April… bis dahin bleibt noch ein wenig Zeit.
Auch, wenn die ganze Stadt sich langsam auf die Leipziger Buchmesse vorbereitet, widmen wir uns zum Mittwochabend dem neuen Olli Schulz Album „Scheiß Leben, gut erzählt“ und Tourauftakt im Conne Island, der auch gleich mit den schönsten Liedern aus vergangenen Tagen beginnt. Zugegeben habe ich mich schon darauf eingestellt, nach wenigen Minuten den Kopf schamvoll zu ducken und mich in Gedanken für alle dummen Sprüche von Seiten des Publikums zu entschuldigen. Denn, wenn ich so an das letzte Konzert im Haus Auensee denke, sind diese Gedanken gar nicht abwegig. Aber niemand ruft „Joko“, niemand wirft irgendwelche Dinge Richtung Bühne, alle lauschen seinen Geschichten und witzigen Anekdoten. Ich stehe nach diesem langen Tag irgendwo im Publikum dazwischen. Mit einem Radler in der Hand und erkenne keine bekannten Gesichter. Da sind nur seine Songs, Begeisterung, Texte zum Mitsingen und ein paar Gedanken an früher. „Und dann schlägt dein Herz. Eine Melodie.“
In diesem Jahr muss die Buchmesse noch ein wenig auf mich warten. Ungewohnt irgendwie. Während alle fragen „Warst du schon auf der Messe?“, schüttel ich mit dem Kopf und vertage die Antwort auf den Sonntag. Denn bis zum Wochenende warten noch kleine Babybäuche und noch viel kleinere Zwerge auf ihr erstes großes Fotoshooting. Außerdem steht noch ein lang geplantes Treffen mit den Meiner Moetts Ladys in ihrem Schleußiger Loft an. Dass ein Familienbusiness mit einer zündenden Idee funktionieren kann, zeigen Katerina, Sophia und Thorsten durchaus – und köstlich ist die erfrischende Limonade außerdem. Jetzt fehlt eigentlich nur noch Sommer oder? Während wir diesen Satz auch nur denken, purzeln vom Himmel wieder dicke Schneeflocken. Nur wenige Stunden später kommt kein Fahrrad mehr durch die Straßen und auch die Autoreifen haben so ihre Schwierigkeiten. Eigentlich ein guter Abend, um einfach Zuhause zu bleiben und zu hoffen, dass der Wintereinbruch morgen wieder weggetaut ist. Nicht so schnell! PISTRADA feiert seinen dritten Geburtstag und lädt zum großen Live-Konzert mit „The RK“ ein. Da ich noch nie eins dieser gemütlichen Wohnzimmerkonzerte im schönen Radladen erlebt und belauscht habe, wird es doch wirklich höchste Eisenbahn, um dem Mann mit der roten Mütze zu gratulieren und mit einem Bier auf die nächsten Jahre anzustoßen. Cheers, auf euch!
Wie gut, dass wir auch gleich im Westen unterwegs sind, so ist der Weg zur „Party der jungen Verlage“ im Felsenkeller gar nicht so weit. Nur schnell die Autoscheiben frei kratzen und schon kann es weitergehen. „Die Verleger sind aber ganz schön jung geworden“, denke ich mir bis ich später erfahre, dass die definitiv längere Schlange auf den Einlass zur Abi-Party wartete. Wir schauen in den riesigen, noch ziemlich leeren Saal und sind uns einig: Da muss erstmal ein Sekt auf Eis her! Donis und Preller geben sich alle Mühe, um die vom ersten Buchmesse-Tag gezeichnete Partycrew zu begeistern und bei Laune zu halten. „Spiel doch mal, was wir auch in unserem Alter kennen“, heißt es da. Ich überlege kurz: Vielleicht wäre ein Abstecher nach nebenan doch gar nicht so schlecht. Aber da steht schon der nächste Gin Tonic bereit und damit steigt auch sichtlich die Tanzlaune. Wir sind fast die ersten Tanzwütigen, die den Saal füllen. Aber egal. Wenn von den New Radicals „You Get What You Give“ gespielt wird, gibt es kein Zögern mehr. You’ve got the music in you! Gezweifelt? Haben wir niemals. P.S.: Anstatt auf das Fahrrad, sollte man manchmal doch auf eine Fahrt im Taxi zurückgreifen.
Damit ist es offiziell. Hallo Leipziger Buchmesse! It’s a book, it’s the old to protest, it’s the new to request. Wir schlendern über die unabhängige „It’s a book“ Buchmesse der HGB, entdecken neue Magazin, stoßen mit einem Glas Sekt im Café bau bau an, treffen altbekannte Gesichter aus früheren Studienzeiten und testen unsere neuen Epilog-Klebetattoos am Abend im renkli. „Ich will noch mehr!“ Macht ganz schön süchtig oder? So ist das eben mit Tattoos, zwinkern wir. Ja, auch Fatih wird umgehend noch live tätowiert. Mit knackigen Sprüchen wie „Don’t live your dreams“ und „PAIN“ am Arm und Hals gehen wir nach Hause. Wie echte Gangster tragen wir die neuen HGB Magazine und Tombola Gewinne von unseren Freunden von Eisenhauer durch die Nacht. „Du musst dir deine Zahl nur wünschen und ganz fest daran glauben“. Hat funktioniert! Jetzt fehlt zu meinem Buchmesse-Glück nur noch ein Eis in der Glashalle am Messesonntag. So wie früher. Innerhalb weniger Stunden habe ich alle Hallen abgelaufen, liebe Freunde zu einem Kaffee überreden können, das bunte Treiben beobachtet und das neue Buch von Benjamin von Stuckrad-Barre gekauft. In der Messebuchhandlung. „Wo finde ich denn den neuen von Stuckrad-Barre?“ „Panikherz?“ „Ich glaub, mir geht‘s nicht so gut, ich muss mich mal irgendwie hinlegen“. „Brauchen sie ein Wasser?“. Wenn das hier schon keiner kennt, was soll dann noch werden, denke ich mir? Dann lieber wieder zurück zum Eis. Anscheinend ist es wirklich ein ungeschriebenes Gesetz, dass am letzten Messetag immer die Sonne scheint. Machs gut, liebe Buchmesse. Nächstes Jahr nehme ich mir wieder viel mehr Zeit für dich, versprochen!
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