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and she needs you.

„Niemand kommt an mich heran
bis an die Stunde meines Todes.
Und auch dann wird niemand kommen.
Nichts wird kommen, und es ist in meiner Hand“.
[Herrndorf, Arbeit und Struktur 2013]

Am 27.7.2013, knapp einen Monat vor seinem Suizid und dem letzten großen Kampf gegen sein Glioblastom, schreibt Herrndorf auf seinem Blog: „Passig liest die ersten zwei Kapitel von „Isa“ laut vor. Die hab ich noch nie gehört, die anderen auch nicht. Gut finden sie’s“. Bis zum letzten Eintrag des Blogs „Arbeit und Struktur“ taucht „Isa“ immer wieder auf. An diesem Roman arbeitet Herrndorf weiterhin, trotz der Aussicht, dass er ihn nie beenden wird. Noch während des Lesens von „Arbeit und Struktur“ frage ich mich immer wieder, was mit „Isa“ passiert ist. Was aus den letzten Fragmenten von Herrndorf eigentlich geworden ist. Denn er selbst, konnte spätestens seit dem 26. August nicht mehr darüber verfügen. Immer wieder wird in seinem Testament davon gesprochen, dass er alles vernichten will. „Keine Fragmente aufbewahren, niemals Fragmente aufbewahren. Niemals Germanisten ranlassen“. Doch immer wieder lässt er sich seine diktierten Sätze vorlesen. „Passig und Marcus kommen. Lesen ‚Isa‘, halten es für machbar“. Mitte September bekomme ich einen Link zugeschickt, der mich zu der Überschrift: „Wolfgang Herrndorfs nachgelassener Roman „Bilder deiner großen Liebe“ ist ein ergreifendes Fragment“ weiterleitet. Ich kann es kaum fassen. „Ich habe richtig  Gänsehaut“. „Ja, ich auch“. Keine zehn Minuten später bestelle ich direkt beim Rowohlt Verlag den unvollendeten Roman, mit dem schönsten Namen, den man diesem Titel nur geben kann: „Bilder deiner großen Liebe“. Pünktlich am 26. September liegt „Isa“ oder eben „Bilder deiner großen Liebe“ auf meinem Schreibtisch und ich getraue mich kaum es zu lesen. Isa ist 14 und dem treuen Herrndof Leser bereits in „Tschick“ über den Weg gelaufen. Isa fängt dort an, wo Tschick aufgehört hat. Sie erzählt aus ihrer Sicht. Vielleicht auch über die große Liebe. Herrndorf schreibt im Juni 2011 in „Arbeit und Struktur“: „‚Tschick‘-Fortsetzung aus Isas Perspektive angefangen. Mach ich aber nicht. Mach ich nicht“. Macht er eben doch. Zusammen mit den Herausgebern. Und nennt es in der dunkelsten Stunde „Bilder deiner großen Liebe“. Dieses Buch muss man einfach gelesen haben. Ein Text aus 95 Seiten Manuskript und einem Dokument mit dem Namen „Verstreutes“. Ohne „Germanistenscheiße“. Ohne Co-Autoren. Nur Herrndorf. Es wirkt.

„Verrückt sein heißt ja auch nur, dass man verrückt ist, und nicht bescheuert…“ [Herrndorf, Bilder deiner großen Liebe 2014]

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